Am 15. September 2017, 9 Tage vor der Bundestagswahl, muss eine regionale Zeitung zur Hand nehmen, wer sich über ein für die Zukunft des Landes entscheidendes Thema informieren möchte:
Fragen nach der grundsätzlichen Möglichkeit, der Sinnhaftigkeit und den Auswirkungen der “Energiewende auf Basis von Wind und Sonne” werden im Wahlkampf praktisch nicht diskutiert, die durchaus unterschiedlichen Positionen der Parteien kaum beleuchtet.
Dabei bietet ein gewisser “Sebastian” allen Anlass dazu. Diesem wurde die Rheinzeitung gerecht.
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| Leseprobe, Unterstreichungen durch VERNUNFTKRAFT. Am Mittwoch (…) in der Zeit zwischen 11 und 12 Uhr speisten die Windparks (…) zusammen über 37.800 Megawattstunden Strom in die Netze ein – mehr als die Hälfte des gesamten Verbrauchs (..). Solche Tage zeigen die Grenzen eines Stromnetzes im Umbau auf: Die umweltfreundliche Stromproduktion aus Wind und Sonne schwankt stark mit Wetter und Tageszeit, lässt sich aber bisher schlecht speichern. Deshalb werden Gas und Kohle vorerst weiter gebraucht. Deutschland produziert also parallel mit zwei Systemen – und damit am Mittwoch deutlich mehr als eigentlich gebraucht wurde (…). Wie viel Strom wurde am Mittwoch über den Bedarf hinaus produziert? Um 12 Uhr mittags waren es gut 5500 Megawatt zu viel – bei knapp 72.000 Megawatt Verbrauch. Das Überangebot setzte auch die Stromhändler unter Druck. Die Preise stürzten von normalerweise um die 30 Euro pro Megawattstunde auf nicht mehr kostendeckende knapp 11 Euro ab. Zugleich exportierte Deutschland kräftig Strom in die Nachbarländer. Was tun die Stromnetzverantwortlichen an solchen Tagen? Sie müssen vor allem dafür sorgen, dass das Leitungsnetz dem Druck standhält. Dafür weisen sie konventionelle Kraftwerke im Norden an, vom Netz zu gehen. Gleichzeitig werden in Reserve gehaltene Kraftwerke im Süden Deutschlands hochgefahren, um dort die Versorgung zu sichern. Und wenn das nicht reicht, müssen Windkraftanlagen zur Sicherung der Netze gedrosselt oder ganz abgeschaltet werden – was am Mittwoch nach Angaben der Netzbetreiber Tennet und 50Hertz auch passierte. Wer bezahlt das? Die Kosten für solche Noteingriffe tragen die Verbraucher über die Netzentgelte in ihrer Stromrechnung. Im windreichen Jahr 2015 waren das etwa 1,1 Milliarden Euro, 2016 etwas weniger. In den kommenden Jahren könnte die Summe noch deutlich steigen, warnt die Bundesnetzagentur. Was hilft dagegen? Aus Sicht der Netzbetreiber vor allem ein schneller und wirkungsvoller Ausbau der großen Stromleitungen in Nord-Süd-Richtung. Dabei gibt es nach langen Anlaufschwierigkeiten Fortschritte. (…) Auch künftig brauche es weitere Fortschritte beim Netzausbau, (…) sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). |
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Auf die “Umweltfreundlichkeit” insbesondere des Windstroms haben wir, gemeinsam mit jährlich 250.000 Fledermäusen, in ihrer Existenz gefährdeten Arten und unter Polizeischutz zerstörten Wäldern, eine andere Sicht. Auch die Sicht der Netzbetreiber teilen wir nicht. Im Übrigen gibt der Artikel die Problemlage jedoch angemessen wieder, wie wir im Folgenden noch einmal illustrieren möchten.
Die nachstehenden Diagramme sind allesamt der Webseite von AGORA-Energiewende entnommen, einer Gruppierung, mit der wir uns schon mehrfach befasst haben, und die in Fragen der “Energiewende” sicher nicht zur Schwarzmalerei neigt.
Im 1. Diagramm ist die Leistungseinspeisung der Windenergieanlagen in hell- und dunkelblauer Farbe dokumentiert. Die gelben Spitzen entsprechen der Einspeisung der Photovoltaikanlagen.
Im 2. Diagramm ist das Zurückfahren der konventionellen Anlagen (vor allem Steinkohle und Braunkohle) während der Zeiträume hoher Windenergie-Einspeisung zu erkennen.
Im 3. Diagramm geht – entsprechend der hellblauen Linie – der Börsenpreis in den Keller (weit unterhalb des Herstellungspreises bis zu negativem Strompreis unter – 10 €/MWh).
Im 4. Diagramm wird das Verhältnis zwischen Exportstrom und Importstrom dargestellt (oberhalb und unterhalb der Nulllinie).
Vergleicht man die Struktur der Leistungseinspeisung von “Sonne und Wind” (grüne Fläche) z.B. in Abb. 3 mit dem Verlauf der Exporte im gesamten Zeitraum (Spitzen der Fotovoltaik und Anstiege der Windenergie), so ist leicht zu erkennen, welcher Strom exportiert wird.
Diese Betrachtung sollte auch im Vergleich zum Börsenpreis (Abb. 3) erfolgen: Am 14. September wurden zusätzlich zu den EEG-Umlagen noch 10 €/MWh vom deutschen Stromkunden bezahlt, um den Strom über den Export loszuwerden (negativer Strompreis).
Umgekehrt ist im Verlauf der letzten 30 Tage wieder klar zu erkennen, dass oftmals eine sehr geringe Leistungseinspeisung über “Sonne und Wind” erfolgt und die konventionellen Anlagen (Abb. 2) mit bis zu 55 000 MW die Hauptlast des Stromverbrauchs tragen.
Politische Aussagen à la “Kohle-Ausstieg bis 2030!” sind vor diesem Hintergrund nicht ernstzunehmen bzw. als Clown-Sprache zu erkennen:
Der Stromsockel der Kernkraftwerke von 10 000 MW (Abb. 2) wird in den nächsten 5 Jahren sukzessive abgeschaltet sein. Neue Kohlekraftwerke wird aus Mangel an Kapital und aus Wirtschaftlichkeitsgründen kein privates Unternehmen mehr bauen können. Absehbar wird in wenigen Jahren nach dem Staat gerufen werden.
Trotzdem heben fast alle Parteien die “Erfolge der Energiewende” hervor, obwohl die Grenzen der Netzstabilisierung erreicht bzw. überschritten sind. Jede weitere Windenergieanlage verschärft das Problem. Im Übrigen helfen zusätzliche Leitungen in der propagierten “Welt der regenerativen Energien” nur zur Ableitung von Stromspitzen (= Müllförderbänder).
Was wird bei mehrtägiger Windflaute im Winter (10 Tage Dunkelflaute im Januar 2017) und in der Nacht in diese Leitungen eingespeist?
Dieser und anderer Fragen wird sich eine neue Bundesregierung stellen müssen.
Durchdachte und ideologiefreie Antworten auf ähnliche Fragen bietet in diesen Tagen übrigens Professor Joachim Weimann, den wir bereits gute zwei Jahre zuvor in Brandenburg begrüßen durften. Im August 2017 gab er Jörg Rehmann ein ausführliches Interview.