Am 20. Mai 2015 lud die Bürgerinitiative für den Erhalt des Naherholungsgebietes Korbach sowie des Naturparks Diemelsee zu einem “Faktencheck Windenergie in Hessen” ins Korbacher Bürgerhaus ein.
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Mit Dr.-Ing. Detlef Ahlborn, 2. Vorsitzender der Bundesinitiative Vernunftkraft sowie Bernhard Klug, Vorsitzender des Landesverbandes „Vernunftkraft Hessen“, war es gelungen, zwei versierte Referenten im Widerstand gegen den Windkraftwahnsinn, hier explizit gegen den Teilregionalplan Energie Nordhessen, zu gewinnen. Demnach sollen auch im Regierungsbezirk Kassel zwei Prozent der Fläche als Vorranggebiete für Windenergieanlagen zur Verfügung gestellt werden; dies entspricht etwa 16.600 Hektar Land.
BI-Sprecher Harald Saure forderte ein „Gesamtkonzept für die Energiewende“ und berichtete, dass eine Stellungnahme zum umstrittenen Plan abgegeben sowie bereits 1600 Unterschriften dagegen gesammelt worden seien.
Gemäß Abraham Lincolns Motto:
„Man kann alle Menschen einige Zeit hinters Licht führen und einige Menschen ewig, aber man kann nicht alle Menschen ewig hinters Licht führen“
widmete sich Bernhard Klug, der von 1988 bis 2012 das Bürgermeisteramt in Trendelburg innehatte, zunächst dem Thema „Wirtschaftliche Auswirkungen (von Windkraftindustrie) auf Tourismus und Immobilien“.
So bestehe ein wachsender Konflikt zwischen Erhalt der natürlichen Ressourcen und zunehmender industrieller Ansiedelung von Windkraftanlagen. Die Bewahrung der Kultur- und Naturlandschaften sei jedoch die Existenzgrundlage für einen florierenden Tourismus. Hessen habe in der Saison 2013/14 31,2 Millionen Übernachtungen verzeichnet und mit einem Jahresumsatz von ca. 12 Milliarden Euro stelle die Tourismusbranche einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar.
In welch gravierendem Maße sich Windkraftanlagen auf den Tourismus auswirken können, erläuterte Klug – stellvertretend für andere Städtchen, denen das gleiche Schicksal wiederfahren könnte – anhand von „Hessens höchster Stadt“ Ulrichstein im Vogelsberg, einst idyllisches Kleinod inmitten unberührter Natur. Nach dem Bau eines Windparks in Sichtweite der Häuser sei dort die Zahl der Übernachtungen von 99 023 im Jahr 1993 auf etwa 8500 im Jahr 2013 zurückgegangen.
Eine Studie des Bundesverbandes Deutsche Mittelgebirge zur Akzeptanz von Windenergieanlagen belege, dass es für 26% aller Befragten ein Grund sei, keinen Urlaub in Regionen zu machen, in denen man Windkraftanlagen an Aussichtspunkten, Rad- oder Wanderwegen findet. Diese Ansicht teilen auch 15% der grundsätzlichen Befürworter von Windkraft.
Leider verschließe der Bundesverband Windenergie noch immer die Augen vor diesen Tatsachen und vertrete die These, dass Windenergieanlagen sichtbare Zeichen des Klimaschutzes und des ökologischen Fortschritts seien und sich für einige Gemeinden ein erheblicher Imagegewinn ergeben habe, da es die meisten Urlauber befürworten würden, wenn ihr Ferienort aktiven Umweltschutz praktiziere.
Im zweiten Teil seines Referats widmete sich Klug dem Wertverlust von Immobilien durch Windkraftanlagen. Der Eigentümerverband Haus & Grund befürchte, dass Immobilienbesitzer, die in der Nähe von Windkraftanlagen wohnen, mit empfindlichen Werteverlusten rechnen müssen. In Dänemark sei dieser Wertverlust bereits seit 2009 gesetzlich geregelt und die so Geschädigten bekämen eine Ausgleichszahlung.
Nach einem Forschungsprojekt von Prof. Dr. Jürgen Hasse (Universität Frankfurt am Main) sinke als Folge der Beeinträchtigung von Lebensqualität der Verkehrswert der Immobilien signifikant. Immobilienmakler bestätigten im Rahmen der Studie Immobilienwerteverluste in Höhe von durchschnittlich 20 bis 30 Prozent; im Einzelfall drohe gar die völlige Unverkäuflichkeit.
Als Vertreter eindeutiger Thesen präsentierte sich Dr. Detlef Ahlborn und startete einen Frontalangriff auf die Energiewende, die seiner Meinung nach längst an den Gesetzen der Physik, der mathematischen Statistik und Ökonomie gescheitert ist. Die Leistungen von Wind- und Solaranlagen schwankten viel zu stark und es sei absolut illusorisch, dem Gedanken nachzuhängen, in absehbarer Zeit die Versorgung durch erneuerbare Energien sicherzustellen und auf Atom- und Kohlekraftwerke komplett zu verzichten. Die sei eine Propagandalüge.
Im Jahre 2013 hätten die bundesweit etwa 24 000 Windkraftanlagen gerade einmal 7,9 Prozent des Stroms erzeugt; die Grundversorgung werde weiterhin von konventionellen Anlagen sichergestellt. Auch erziele der Windkraftstrom zu Spitzenzeiten an der Strombörse „Negativpreise“, was bedeute, dass die Händler draufzahlen müssten, um den Ökostrom überhaupt loszuwerden. Dies würde letztendlich auf die Stromkunden abgewälzt, da die Investoren ihre Einspeisung fest vergütet bekämen. Ein elementares Problem stelle die Speicherung des „grünen“ Stroms dar. Mit dem propagierten „Power to Gas“-Verfahren, bei dem Methangas erzeugt und bei Bedarf verstromt wird, betrügen die Verluste etwa 70 Prozent, was die Speicher unwirtschaftlich mache.
Um die Zielvorgaben des hessischen Energiegipfels umzusetzen, seien demnach etwa 4700 Windkraftanlagen erforderlich; bei 470 Windparks müsse landesweit alle 6,5 km einer gebaut werden und wegen der Speicherverluste sogar die doppelte Anzahl, also rund 10 000 Anlagen. Fazit: „Die Planung in Hessen enthält grundlegende Fehler; die Zahlen sind falsch.“
Unter Moderation von Hans-Peter Osterhold wurden Fragen und Kommentare der anwesenden Besucher gesammelt:
Stefan Schaller, Geschäftsführer der Gesellschaft Energie Waldeck-Frankenberg, stimmte Ahlborn in manchen Punkten zu. Er konzedierte, dass “die Technik und der europäische Markt übersehen” worden seien und forderte, intelligente Wege zu gehen. Windräder in der Tourismus-Hochburg Naturpark Diemelsee halte auch er für umstritten, aber in Gemünden drängten die Bürger die EWF-Tochter VEB 11 Windkraftanlagen zu bauen, was er befürworte. Atomkraft und fossile Brennstoffe seien jedoch keine Lösung.
Dass „über die Köpfe der Menschen hinweg“ entschieden werde und das Kasseler Ministerium bei den Kriterien „neu überlegen solle“, wurde von CDU-Landeskandidat Karl-Friedrich Frese angeregt. Dem Schutz des Menschen werde in der Windkraftdebatte zu wenig Raum eingeräumt.
Korbachers Bürgermeister Klaus Friedrich kritisierte, dass der Teilregionalplan die Umzingelung mit Windkraftanlagen von Dörfern wie Helmscheid und Vasbeck außer Acht lasse und dem Schutz des Landschaftsbildes nicht nachkomme. Auch seien Einzelgehöfte und Vogelhorste „vergessen“ worden. Er rechne mit wesentlich mehr „qualifizierten Einwendungen“ als beim ersten Entwurf, zumal auch die westfälischen Planungen in Kassel keinerlei Berücksichtigung gefunden hätten. Die Politik in Wiesbaden dürfe nicht sagen „das haben die da oben zu ertragen“, sondern es gelte, einen vernünftigen Weg zu finden.