Fakt ist: Die Profite aus der subventionsgestützten Produktion gehen an die Grundbesitzer und die Betreiberfirmen. Sofern Kommunen an Wind-„Parks“ partizipieren, nutzt das zwar dem Gemeindesäckel, geht aber zu Lasten all derer, die EEG-Umlage zahlen müssen – auch den Bürgern und Unternehmern vor Ort. Dagegen werden andere Wirtschaftszweige, insbesondere der Tourismus, direkt geschädigt. Nachhaltige Beschäftigung ist mit subventionsgestützter Produktion nicht zu schaffen.
Warum?
Brutto- und Nettoeffekte
Ähnlich wie ihr Beitrag zur Energieversorgung wird auch der Beitrag von Windkraft und Photovoltaik zu Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland regelmäßig überschätzt. Hinsichtlich des Beitrags zur Energieversorgung ist es der von Branchenvertreten gern verschleierte Unterschied zwischen installierter Kapazität und tatsächlicher Produktion, der Windkraft und PV zu Scheinriesen macht. Hinsichtlich Beschäftigung und Wertschöpfung ist es die ebenso oft unterschlagene Diskrepanz zwischen Brutto- und Nettoeffekten.
Wenn man allein auf die in den Branchen Windkraft und PV erzielten Umsatz- und Beschäftigungszahlen und deren Zuwachsraten schaut, könnte man den Eindruck gewinnen, dass es sich um wirtschaftlich nennenswerte Faktoren handelt. Tatsächlich muss man den Bruttozahlen und –zuwächsen jedoch die Entzugseffekte gegenüberstellen, die die Förderung dieser Branchen im Rest der Volkswirtschaft ausübt. Jeder durch das EEG umverteilte Euro muss schließlich an anderer Stelle verdient werden, was zu Lasten von Wertschöpfung und Beschäftigung in den nicht geförderten Branchen geht.
Reale Bruttoeffekte
Aber auch die vielleicht regional relevanten Bruttoeffekte sind, bei Lichte betrachtet, sehr bescheiden. So kam das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln 2010 zu der Einschätzung, dass von den 300.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bereich der Erneuerbaren Energien weit mehr als die Hälfte ihr Auskommen allein mit dem Kapazitätsaufbau verdienen. Mit dem Betrieb und der Wartung – also dauerhaft, über ein bloßes Strohfeuer beim Aufbau hinaus – seien dank aller installierten Anlagen der Energieerzeugung aus Erneuerbaren Quellen lediglich 53.000 Personen beschäftigt. Eine vernachlässigbare Größe.
Gemessen an 27,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ist die Zahl der Arbeitsplätze, die auf das Konto von Windrädern, Solarkollektoren etc. gehen, aber alles andere als beeindruckend: Nur 0,2 Prozent aller Arbeitnehmer kümmern sich um den laufenden Betrieb von Anlagen, die grünen Strom produzieren. (IW Köln, 2010).
Auch drei Jahre später und nach Verkündung einer “Energiewende” bleibt das grüne Beschäftigungswunder aus, wie das Institut zur Erforschung der Zukunft der Arbeit im September 2013 bemerkte. Mehr dazu hier.
Dessen unbeschadet wird die Legende vom „Jobmotor“ Energiewende weiterhin regelmäßig kolportiert. Im Herbst 2015 zog die Energiewende-Politik vor sich selbst den Hut und feierte sich für „230.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze“.
Die Energiewende verlagert Kaufkraft aus traditionellen Konsum- und Investitionsgüterbranchen in jene Branchen, die Windturbinen, Solarpaneele und andere Gerätschaften herstellen. Diese Verlagerung erzeugt brutto in den profitierenden Branchen Arbeitsplätze: Windkraft, Photovoltaik- und Biogasanlagen sind zu bauen. Die Teile dafür müssen produziert, zugeliefert und montiert, die fertigen Anlagen gewartet werden. Die Investitionen benötigen eine Finanzierung und Kreditverträge. Das schafft Beschäftigung in Banken und Anwaltskanzleien. Die Subventionierung muss gesetzlich geregelt und überwacht werden, was zu noch mehr Beschäftigung in der behördlichen Bürokratie führt und zu zusätzlicher Freude in Anwaltskanzleien. So weit, so trivial.
Eine Brutto-Beschäftigungswirkung heißt jedoch nicht, dass die „Energiewende“ netto Arbeitsplätze schafft. In den Sektoren, aus denen Kaufkraft abgezogen wird, gehen Arbeitsplätze verloren. Bei den großen Stromversorgern ist seit Jahren ein Rückgang der Beschäftigung um Tausende von Stellen zu verzeichnen. Auch in den der konventionellen Stromerzeugung vorgelagerten Sektoren sind Beschäftigungsrückgänge zu erwarten. Diese verlorenen Arbeitsplätze müssen den neu entstandenen gegenübergestellt werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ohne die Subventionierung der „Erneuerbaren Energien“ an anderen Orten Investitionen getätigt worden wären, die ebenfalls Beschäftigung geschaffen hätten. Im Zeitraum 2000–2016 wurden von allen Stromverbrauchern 176 Mrd. Euro an die EEG-Profiteure gezahlt – für Strom, dessen Marktwert sich auf 5 Milliarden Euro belief. Wären diese 176 Mrd. Euro beispielsweise zur Sanierung der Schulen eingesetzt worden, so hätte dies unzähligen Handwerksbetrieben die Auftragsbücher auf viele Jahre hinaus gefüllt.
Ungeachtet der empirischen Validität ist die These vom „grünen Jobmotor“ auch theoretisch fragwürdig. Aus ökonomischer Sicht gibt es keinen Grund, sich über vermeintliche „Beschäftigungszuwächse“ zu freuen, im Gegenteil: Wenn dieselbe Anzahl Kilowattstunden, für die man „in der alten Energiewelt“ 100 Leute beschäftigen musste, in der „neuen Energiewelt“ den Einsatz von 300 Leuten erfordert, so ist die „Neuerung“ nichts anderes als ein massiver Einbruch der Arbeitsproduktivität. Beschäftigung zu fördern, kann kein sinnvolles Ziel der Energiepolitik sein – andernfalls müsste die Stromerzeugung auf Rudergeräte, Laufbänder und Hometrainer umgestellt werden.
Sinnvolle Investitionen oder zerbrochene Fenster?
Unbestritten hat die „Energiewende“ erhebliche Investitionen ausgelöst. Analog zu den Beschäftigungseffekten sind jedoch auch hier die Investitionen gegenzurechnen, die wegen der „Energiewende“ nicht getätigt wurden – sei es durch Kaufkraftentzug oder die als schlechter empfundene Standortqualität. Energieintensive Industrien üben sich seit Jahren in Investitionszurückhaltung. Sichtbare Konkurse sind bislang kaum zu beklagen, aber Erweiterungsinvestitionen werden im Zweifel eher in den USA oder Frankreich getätigt. Dies führt zu einer schleichenden De-Industrialisierung.
Sichtbare Schäden hat die „Energiewende“ im Energiesektor selbst verursacht: Allein bei den Unternehmen EON und RWE wurden rund 100 Mrd. Euro Kapital vernichtet. Noch 2010 waren sie zusammen an der Börse mit 130 Mrd. Euro bewertet, heute sind sie nur noch rund 30 Mrd. wert. Hunderttausende von Spargroschen sind betroffen, Werte in Aktiensparfonds und Lebensversicherungen zerschlagen. Bei den gebeutelten Unternehmen handelte es sich um Vernetzer und Innovationskerne, um Arbeitsplatz- und Wohlstandsschaffer, an denen tausende von Mittelständlern hängen. Unsere Volkswirtschaft büßt erheblich Wachstums- und Innovationspotential ein.
Wenn man nicht nur auf die kurzfristigen, konjunkturellen, sondern auf die langfristigen Wachstumseffekte abstellt, so ist nicht nur nach dem Umfang, sondern auch nach der Art der ausgelösten Investitionen zu fragen. Andernfalls läuft man Gefahr, der „Broken Window Fallacy“ zu unterliegen. Dieser zufolge wäre als wirtschaftspolitische Sofortmaßnahme ein großer Stein möglichst kraftvoll durch das nächstgelegene Fenster zu schmeißen. Dies würde nämlich dem Glaser einen großen Auftrag und damit Einkommen bescheren, wovon dieser wieder einen Teil verausgaben und beispielsweise damit beim Konditor wieder Einkommen generieren würde, welcher davon wiederum einen Teil beim Fleischer abgeben würde, …, …, worauf am Ende alle bessergestellt und das Sozialprodukt gesteigert würde. Problem dabei: Das Fenster ist kaputt und sein Besitzer entsprechend ärmer.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die These, dass mittels subventioniertem Windkraftausbau Wohlstand und Beschäftigung gefördert würden, zu verwerfen. Das Gegenteil ist richtig, wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bereits 2012 befand:
Der alles dominierende rasante Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten ist maßgeblich für die Probleme der Umsetzung der Energiewende. Diese klimapolitisch wirkungslose Förderung belastet die Stromverbraucher als reine Zusatzkosten. Hier wird zu Lasten des Gemeinwohls das Motto „je mehr und je schneller, desto besser“ verfolgt.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2011/12
Standortschwächung auch auf regionaler Ebene
Der Verlockung, am Subventionswettlauf teilzunehmen, ist für regionale Entscheidungsträger und Wirtschaftsakteure wie beispielsweise Stadtwerke, dennoch sehr hoch.
Windräder sind eine Lizenz zum Gelddrucken, vorausgesetzt, das EEG hat Bestand.
Markus Lecke, Stadtwerke Eschwege (Quelle: Werra-Rundschau, 2.3.2013)
Übersehen wird dabei leider häufig, dass das Gelddrucken nicht nur die relativ abstrakte Größe “Volkswirtschaft” und anonyme 82 Millionen Stromverbraucher, sondern auch die regionale Wirtschaft vor Ort nachhaltig schädigt – indem es Standortfaktoren wie “Lebensqualität” und “Erholungs- und Erlebniswert” massiv beeinträchtigt.
In den landschaftlich besonders reizvollen Regionen Deutschlands ist der Tourismus ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Unternehmen des Gaststätten- und Übernachtungsgewerbes, sowie Anbieter von touristischen Dienstleistungen aller Art gründen ihre wirtschaftliche Existenz auf den Erholungs- und Erlebniswert der jeweiligen Landschaften. Diese ist ein gemeinsamer Kapitalstock, an dem viele Wirtschaftsakteure partizipieren. Auf die Gefahr der Entwertung jenes Kapitalstocks hat das Bundeswirtschaftsministerium bereits 2014 hingewiesen.
Diese vollkommen zutreffende Einschätzung ist dieser in der Abteilung Mittelstandspolitik entstandenen Broschüre entnommen.
Im gleichen Jahr erschien auch eine Studie zum Thema, das angesichts der Ausbauziele immer drängender wird.
Zwar wird die Windkraftlobby nicht müde, den Menschen zu suggerieren, dass Windräder attraktiv und eine landschaftliche Bereicherung seien. Die offensichtlichen Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit machen diese Bemühungen allerdings lächerlich.
Übrigens: Auch wer nicht im Tourismusgewerbe beschäftigt ist, kann durch die Windkraftansiedlung vor Ort empfindliche materielle Einbußen erfahren.
Mehr dazu hier
Fazit
- Unterschiedliche Arbeitsintensitäten verschiedener Formen der Energieerzeugung können kein Kriterium für die Energiepolitik sein. Beschäftigungsstand und ‑entwicklung lassen sich dauerhaft nur im Rahmen der Arbeitsmarkt‑, der Bildungs- und der allgemeinen Wirtschafts- und Standortpolitik beeinflussen.
- Auf die Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik haben Kommunen keinen nennenswerten Einfluss. Mittels einer klugen Wirtschafts- bzw. Standortpolitik können sie die wirtschaftliche Aktivität in der Region jedoch aktiv unterstützen und flankieren.
- Eine schlechte Standortpolitik hingegen behindert die privaten Unternehmen und unterläuft ihre Bemühungen. Wer die regionale Wertschöpfung stärken möchte, sollte von Subventionsabschöpfung die Finger lassen.