Unter der Überschrift
Der neue Stress mit dem Strom Fluch der Energiewende: Auf einmal gibt es nicht zu wenig, sondern zu viel Wind- und Solarstrom. Ende März drohte der Kollaps, zeigen Berichte der Bundesnetzagentur. Es fehlen Leitungen und Stromspeicher. |
werden auf S. 1 des Handelsblatts vom 16. April 2013 die Effekte des unkoordinierten und ungebremsten Ausbaus von Windkraftkapazitäten auf das Stromnetz beschrieben. Die Zeitung bezieht sich dabei auf die “Kurzberichte zur Systemsicherheit der Stromnetze” der Bundesnetzagentur (BNetzA).
Wir empfehlen den Erwerb der Zeitung. Hier unsere auszugsweise Wiedergabe:
Diese Kurzberichte seien in der Regel spröde Verwaltungsliteratur. Auf wenigen Seiten erklärten Fachleute darin alle zwei Wochen die Stabilität der Energieversorgung. Der jüngste Kurzbericht für die zweite Märzhälfte jedoch lese sich wie ein Krimi. Der Befund sei alarmierend.
Im Netz sei es “mehrmals zu angespannten Situationen” gekommen, die Sicherheit des Übertragungsnetzes sei nicht jederzeit gewährleistet gewesen, heiße es in dem Bericht, so das Handelsblatt. Um eine “Gefährdung der Systemsicherheit” zu vermeiden, hätten Netzbetreiber ganze 38-mal massiv in den Netzbetrieb eingreifen müssen, zitiert das Handelsblatt die BNetzA.
Das Geschäft mit dem Strom sei unsicher und unkalkulierbar geworden. Wind und Sonne sorgten nicht für zu wenig, sondern für zu viel Strom. Die Folge sei Stress im System. Die Bonner Behörde führe auf (so das Handelsblatt), dass Ende März “mehrmals hohe Anstiege der Gesamteinspeisung aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen” zu verzeichnen gewesen seinen.
Am 24. März habe es sogar einen Rekord gegeben: An jenem Sonntag wurde mehr Wind- und Sonnenstrom eingespeist, als jemals zuvor. Das sei aus Sicht der Betreiber von Windrädern und Photovoltaikanlagen ein Erfolg . Die Betreiber der Übertragungsnetze jedoch bringe der Überfluss zur Verzweiflung: Die Netze könnten die riesigen Strommengen nicht mehr aufnehmen.
So müssten kurzfristig Kraftwerke oder ganze Windparks vom Netz genommen werden. Das wiederum gefährde die Systemsicherheit.
“Wir erleben immer häufiger Stresssituationen, die nur noch schwer beherrschbar sind”, zitiert das Handelsblatt einen Netzbetreiber.
Das Problem der Überversorgung nehme an Schärfe zu. Unaufhaltsam schreite der Ausbau von Wind-und Photovoltaikanlagen voran. Mit diesem Ausbautempo halte der Netzausbau nicht mit. Zumal die Schwerpunkte der Stromerzeugung in den windreichen Küstenregionen im Norden und Nordosten Deutschlands, die Zentren des Verbrauchs aber im Süden und Westen lägen. Es müssten also zusätzliche Leitungen und großer Speicherkapazitäten gebaut werden. Überschüssiger Windstrom müsse “geparkt” und bei Wind- oder Sonnenflaute ins Netz eingespeist werden.
Erst dann seien die Zwei-Wochen-Berichte der Netzagentur wieder spröde Verwaltungsliteratur.
Soweit der Leitartikel des Handelsblatt – eine Kurzversion finden Sie auch hier.
Unserer Anmerkungen: Das Problem ist richtig benannt. Die Hoffnung, dass die Berichte bald wieder spröde Verwaltungsliteratur werden, kann sich nur erfüllen, wenn das EEG abgeschafft und der systemgefährdende Zubau an Windkraftkapazität gestoppt wird.
Der Verweis auf Leitungen und große Speicherkapazitäten suggeriert, dass die strukturellen Probleme der Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik prinzipiell und vergleichsweise einfach lösbar wären und lenkt damit vom eigentlichen Problem ab.
Tatsächlich wird die Volatilität der Einspeisung nämlich auch über alle 23.000 deutschen Windkraftanlagen hinweg kaum nennenswert ausgeglichen. Die Vorstellung, dass „irgendwo immer mal Wind weht“ und sich – bei entsprechendem Netzausbau- Flauten und Böen innerhalb eines Systems ausgleichen, ist nicht durch die Realität begründet. Das zackige Profil der Lastganglinien aller deutschen WKA ist hier sehr aufschlussreich. Mehr dazu hier…
Insofern kann Netzausbau hier nur bedingt Abhilfe schaffen.
Auch der Verweis auf die Notwendigkeit von Speichermöglichkeiten ist richtig. Die implizit genährte Hoffnung, dass solche in Bälde und in den erforderlichen Dimensionen verfügbar seien werden, ist jedoch unbegründet. Mehr….
Überhaupt gibt es „überschüssigen Windstrom“ statistisch gesehen viel seltener und in viel geringerem Ausmaß, als dass man diesen mit Speicherung und besserer interregionaler Verteilung zur Grundlastdeckung nutzen könnte.
Die vom Handelsblatt geforderten Parkplätze gibt es erstens auf absehbare Zeit nicht und zweitens würden sie, wenn es sie gäbe, die meiste Zeit leer stehen. Die aus technischer und ökonomischer Sicht einzig rationale Lösung des treffend beschriebenen Problems kann daher nur in einer sofortigen Beendigung der Ursache liegen. Sprich:
Stopp des subventionierten Ausbaus von Erzeugungsanlagen für nicht-grundlastfähigen, systemgefährdenden Strom.
Um mit den Wirtschaftsweisen zu sprechen: Abkehr vom „zu Lasten der Allgemeinheit verfolgten Motto des <je mehr und je schneller desto besser>“.
Einfacher ausgedrückt: Besonnenheit, bitte.