Beitrag vom 12. März 2013
1. Windkraftanlagen kommen in Deutschland auf rund 1.550 Volllaststunden. 2. Photovoltaikanlagen kommen in Deutschland auf rund 900 Volllaststunden. 3. Das Jahr kommt in Deutschland auf 8.760 Stunden. 4. Die 1.550 und 900 Stunden können nicht addiert werden; der Wind weht nicht ausschließlich nachts. |
Unvernünftiges > Diese Tatsachen entziehen sich weitgehend der politischen Planung und werfen ein offenkundiges Problem auf: Die sogenannte Grundlast lässt sich mit Wind- und Sonnenstrom – auf Basis der heute verfügbaren Technologien – nicht decken. Zur Lösung dieses offenkundigen Problems wird immer wieder die Speicherung von Strom als die Lösung schlechthin angeführt. |
Sind Windkraft- und Photovoltaik-Strom speicherbar?
Das Energieversorgungsunternehmen EON nutzt dies auch in der Werbung und erweckt den Eindruck, als sei die Lösung des Problems bereits gefunden. Wer ohne vertiefte Vorkenntnisse der Materie mit dieser Anzeige konfrontiert wird,
ist geneigt zu glauben, Windkraft- und Photovoltaik-Strom seien bereits großtechnisch speicherbar.
Dies ist Mitnichten der Fall.
Die Anzeige bezieht sich auf eine Pilotanlage, deren Technik meilenweit vom großflächigen Einsatz entfernt ist.
Dennoch wird von vielen Politikern der Eindruck erzeugt, als sei die Speicherung bereits Realität oder in greifbarer Nähe.
Wunsch und Wirklichkeit scheinen hier sehr weit auseinanderzuliegen.
Belege: Illustrativ sind hier ein paar Zitate aus aktuellen amtlichen und wissenschaftlichen Publikationen zum Thema:
Die Abschätzung des zukünftig entstehenden Bedarfs an Speichersystemen ist methodisch äußerst komplex. Einen Bedarf an Speichern »an sich« gibt es nicht. Um abzuschätzen, wieviel Speicherkapazität ökonomisch und ökologisch sinnvoll im Stromsystem der Zukunft genutzt werden könnte, muss eine Vielzahl an Annahmen getroffen werden. Dazu gehören u. a.
- das gewünschte Niveau der Versorgungssicherheit,
- der zukünftige Stromverbrauch,
- der Kraftwerkspark,
- der Verlauf des Netzausbaus insbesondere für den transnationalen Stromaustausch,
- der Umfang der zeitweisen Abregelung von RES-E-Erzeugung,
- die Nutzung sonstiger Flexibilisierungsoptionen im Stromsystem (z. B. Nachfragemanagement),
sowie »last but not least« die zukünftigen Kosten der Speichertechnologien und der konkurrierenden Optionen.
„…dass der gegenwärtige Wissensstand nicht ausreicht, um eindeutige und belastbare Aussagen zum künftigen Speicherbedarf treffen zu können.“
„Dennoch könnten Langzeitspeicher auf lange Sicht in der Perspektive einer Vollversorgung mit RES‑E [gemeint ist: Energie aus erneuerbaren Quellen] in gewissem Umfang notwendig sein.“
„Der hohe energetische Verlust bei der Rückverstromung von Windgas bzw. Wasserstoff relativiert sich etwas, wenn die Alternative darin bestehen würde, RES-E-Anlagen abzuregeln, wodurch die Energie komplett verloren gehen würde.“
„Die vierte Möglichkeit ist das Erzeugungs- bzw. Einspeisemanagement. Wenn Strom produziert wird, der zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gebraucht wird und auch nicht an einen anderen Ort transportiert werden kann, werden RES-E-Anlagen abgeschaltet (»abgeregelt«). Damit wird Strom, der nahezu kostenlos und ohne nennenswerte Umweltauswirkungen produziert wird, nicht verwendet, sondern verworfen.“
Diese Zitate sind der Publikation „Regenerative Energieträger zur Sicherung der Grundlast in der Stromversorgung“ des Büros für Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestags entnommen. Sie können sie hier herunterladen.
Der Publikation “Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global”, einer Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums, kann man Folgendes entnehmen:
“Durch die Möglichkeit der direkten Einspeisung in das Erdgasnetz werden Speicherung und Transport von EE-CH4 ohne zusätzliche Infrastruktur möglich.”
“Der dargestellte mögliche Entwicklungspfad für ein solches 95%-THG-Szenario bis zum Jahr 2060 erfordert die annähernde Vollversorgung mit erneuerbaren Energien in allen Nutzungsbereichen. In diesem Szenario besitzt EE-Wasserstoff (oder alternativ EE-Methan) eine tragende Rolle als chemisch gespeicherter Strom für eine EE-Vollversorgung des Wärmesektors und des Verkehrs.”
“Nur mit chemischen Energieträgern können allerdings Speicherkapazitäten von mehreren 100 GWh erbracht werden.”
Sie können dies hier nachlesen.
Mit dem Argument, dass man „überschüssigen Strom dereinst speichern kann“, werden gerade landauf landab in großem Umfang Erzeugungskapazitäten für volatilen Strom aufgebaut.
Die gesammelten Zitate lassen erahnen, dass das Thema „Speicherung von elektrischem Strom“ wesentlich komplexer ist, als in der Lokalpolitik und in einschlägigen „Informationsveranstaltungen“ zur Bewerbung von Wind- und Solarparkprojekten gerne glauben gemacht wird.
Fazit
Kurzfristig lässt sich das oben beschriebene Problem mit Sicherheit nicht lösen.
Handeln und Rhethorik scheint uns vielfach mehr von Wunschdenken, als von Realitätssinn geprägt.
Auf Basis öffentlich verfügbarer Zahlen und Studien hat sich Detlef Ahlborn die Mühe gemacht, die kursierenden Thesen zur Speicherung einem Plausibilitätscheck zu unterziehen.
Sein Ergebnis fällt negativ aus.
Lesen Sie hier die Ausführungen von Detlef Ahlborn zum Thema.
Als Wissenschaftler ist Detlef Ahlborn sehr am intellektuellen Austausch interessiert und immer offen für neue Erkenntnisse. Sie sind herzlich eingeladen, seinen Plausibilitätscheck Ihrerseits einem Plausibilitätscheck zu unterziehen und in den wissenschaftlichen Diskurs zu treten.