Lasst uns über Alternativen reden.
Die einseitig auf Windkraft und Photovoltaik ausgerichtete “Energiewende” kann nicht gelingen. Die Kernprobleme dieser “Umgebungsenergien”, die geringe Dichte und die Volatilität, bedingen eine Materialschlacht in unseren Ökosystemen, die nicht zu gewinnen ist. In unserem Kompendium haben wir das vor der letzten Bundestagswahl bereits ausführlich dargelegt, unlängst widmeten wir uns den Implikationen von “Power-to‑X”-Konzepten. Sehr anschaulich ist auch dieser Aufsatz des physikalischen Instituts der Universität Heidelberg.
Im Hinblick auf den Klimawandel ist es geradezu töricht, mit aller Macht Technologien zu pushen, die das “verstromen”, was wir am nötigsten brauchen: Unzerschnittene Ökosysteme in vitalen Wäldern, freie Offenlandschaften, Ausgleichsflächen und Rückzugsräume für Mensch und Tier.
Im Hinblick auf eine Dekarbonisierung/Reduktion von Treibhausgasemissionen ist es unsinnig, einseitig auf Stromerzeugung zu setzen, die zwingend auf den Weiterbetrieb regelbarer Kraftwerke im Ausland (im Zweifel: Kohle- und Kernkraft) angewiesen ist. Unlauter ist es, allein auf die hiesige Stromerzeugung zu fokussieren und systemische Effekte vollkommen auszublenden. Die bereits 2011 getroffene Feststellung (Quelle) des ehemaligen Staatsminister im Kanzleramt, Michael Naumann (SPD), bleibt immer noch gültig:
Die Energiewende ist das unseriöseste Regierungsprojekt der letzten Jahrzehnte.
Kritikern des Windkraftausbaus wird regelmäßig vorgeworfen, sie seien “nur dagegen” und hätten selbst “keine Alternativen”. Dazu sei angemerkt: Die Windkraft selbst ist keine Alternative – sie ist nicht in der Lage, unsere Stromversorgung zu gewährleisten. Durch den vollständigen Verzicht auf weiteren Ausbau würde sich die energiewirtschaftliche Gesamtsituation (Bezahlbarkeit, Sicherheit, Umweltverträglichkeit) verbessern. Insofern ist es unredlich, Kritikern vorzuwerfen, sie hätten keine Alternative. Dennoch haben wir auch zu diesem Stichwort Redebedarf:
Wer CO2-Einsparung über „erneuerbare Stromerzeugung“ verfolgt, setzt einen weitgehend untauglichen Hebel an der falschen Stelle an. Mangels Speichertechnologien und aufgrund physikalisch bedingter Parameter ist die durch „Windstrom“ erzielbare „Dekarbonisierung“ gering. Zudem macht Strom nur ein knappes Viertel des Energiebedarfs aus. An anderer Stelle – bei Verkehr und Wärme – angesetzt, können gleiche Mühen erheblich mehr Wirkung erzielen. Grundsätzlich liegt auf der Verbrauchsseite größeres, schneller und einfacher zu hebendes Potential als auf der Erzeugungsseite. Der Siegeszug der LED-Beleuchtung ist beispielhaft: Statt immer neue Stromerzeugungsanlagen aufzustellen, sollte der Schwerpunkt auf Einsparung – nicht durch Verzicht, sondern durch intelligentere Technik – gelegt werden. Die Einschätzung der Physik-Professoren von der Universität Heidelberg teilen wir vollumfänglich:
Weitaus stärkere Aufmerksamkeit sollten Energieeinsparungen erfahren: Energieeinsparungen führen unmittelbar zu einer Senkung des CO2-Ausstoßes und zudem zu einer Senkung der Energiekosten. Energieeinsparungen schaffen damit nicht zuletzt auch die finanziellen Spielräume, um an anderer Stelle in die Energiewende zu investieren, z.B. für den Bau energieeffizienter Wohnungen, oder um die Schäden des Klimawandels zu mildern. Würde beispielsweise im Verkehr 14% weniger Kraftstoff verbraucht, so sparte dies mehr Energie ein, als alle Windkraftanlagen liefern. Stattdessen wurde die Leistung der neu zugelassenen PKW in den vergangenen 10 Jahren im Mittel um 18% erhöht, ihre Anzahl um 11%.
Prof. Dr. Dr. h.c. Dirk Dubbers, Prof. Dr. Johanna Stachel, Prof. Dr. Ulrich Uwer
Physikalisches Institut der Universität Heidelberg
Ohne individuelle Lebensgewohnheiten und Konsumentscheidungen bewerten zu wollen, sei festgestellt: Wer jedes Jahr eine Flugreise in ferne Urlaubsländer unternimmt, seine Kinder täglich mit dem SUV zur Schule bringt, als Zweitwagen ein E‑Auto unterhält und dabei meint, durch Bezug von “Ökostrom” und Befürwortung weiterer Windkraftanlagen der Welt und dem Klima etwas Gutes zu tun, der irrt gewaltig.
Eine auf Verteuerung und Verzicht gerichtete Politik kann jedoch auch nicht die Lösung sein. Energie, insbesondere in ihrer wertvollsten Form, Elektrizität, ist die Basis von Produktion, Wertschöpfung und Wohlstand. Preiswerte und verlässliche Versorgung damit ist die Grundlage unserer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Insofern ist die Angebotsseite – Erzeugung und Verteilung – ebenfalls relevant. Hier umweltfreundlicher zu werden, erfordert die stetige Weiterentwicklung bestehender sowie der Einführung gänzlich neuer Technologien.
Neue Technologien, die sich potentiell vielversprechend in unterschiedlicher Ferne am Horizont abzeichnen sind –nur beispielhaft, ohne dies als Fürsprache werten zulassen – die künstliche Photosynthese, der Dual-Fluid-Reaktor, die Kernfusion oder die Dünnschicht-Photovoltaik. Eine Studie des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung zeigte 2019 auf, wie dicht der Gebäudebestand in der Deutschland ist. Hieraus erwächst die Herausforderung, den Flächenverbrauch massiv einzudämmen.
Unsere Ergebnisse machen deutlich, wie dringlich es ist, in Deutschland mehr für den Flächenschutz und auch für die Entsiegelung von Böden zu unternehmen.
Studienleiter Martin Böhnisch
Hieraus erwächst auch die Chance, neuen Entwicklungen im Bereich der Solartechnik auf ökologisch weniger bedenkliche Weise Raum zu geben. Grundsätzlich unterliegt die Photovoltaik zwar den gleichen Restriktionen – geringe Energiedichte und Volatilität – wie die Windkraft. Soweit der Fokus auf bestehende Gebäude (und nicht etwa auf Freiflächen!) gelegt wird, sind die Probleme jedoch ungleich geringer. Zudem ist das Potential der Solarenergie bei weitem höher, wie Forschungen zur Anordnung von C‑Nanoröhrchen zeigen. Außerdem ist die solarthermische Nutzung von Dächern ausbaufähig. Auch ein Blick ins Ausland lässt Potentiale erkennen, für deren Nutzung Deutschland gewappnet sein sollte: Für die Probleme der Kernenergie – die wir nicht kleinreden möchten! – zeichnen sich Lösungsansätze ab. In den USA und China werden große Summen in die Entwicklung moderner Mini-Kernkraftwerke investiert, die inhärent sicher sind und kaum radioaktiven Müll produzieren (mehr dazu). Es spricht viel dafür, der Entwertung der einstmals führenden deutschen Expertise auf diesem Feld – der Nukleartechnik – entgegenzuwirken. Die Parole “Atomkraft, nein danke!” war politisch auf den ersten Blick sehr erfolgreich – schon nächstes Jahr sollen die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen. Tatsächlich handelt es sich aber – je nach Perspektive – um einen Pyrrhussieg, Zynismus oder Heuchelei. Denn mit der Abschaltung regelbarer Kraftwerke erhöhen wir unsere Abhängigkeit von Kernkraftwerken in unseren Nachbarländern – der hiesige doppelte Ausstieg (aus Kernkraft und Kohle) ist nur möglich, weil unsere Nachbarn diesem Beispiel nicht folgen.
Wir plädieren dafür, physikalisch-technische Randbedingungen anzuerkennen und den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren mit voller Kraft zu nutzen.
Wer sich durch die Abschaltung der vergleichsweise sicheren hiesigen Kernkraftwerke bei dadurch bedingtem Stromimport aus tendenziell weniger sicheren Kernkraftwerken in der Nachbarschaft beruhigt fühlt oder dadurch einen moralisches Hochgefühl verspürt, dem sei dies gegönnt. Wer sich (gleichzeitig) aber um Klimaziele sorgt, der sollte sich gegenüber neuen technologischen Entwicklungen nicht a priori verschließen.
Wir plädieren daher für eine Forschungsoffensive:
Statt weiterhin jährlich zweistellige Milliardenbeträge (!) für die Alimentierung der Windkraftindustrie zu verschwenden, schlagen wir vor, in ähnlichem Umfang technologieoffen in die Energieforschung zu investieren. Die zusätzlichen Mittel sollten hälftig zur institutionellen Förderung und im Rahmen von „Challenges“ vergeben werden. Als Blaupause können die „Reallabore der Energiewende“ dienen, die allerdings thematisch auszuweiten wären: Ohne ideologische Scheuklappen sollten alle bekannten und noch unbekannten Formen der Energieumwandlung, ‑speicherung, ‑leitung und ‑nutzung von dieser Forschungsoffensive profitieren. Die bestehenden Vorschriften zum Schutz von menschlicher Gesundheit, Natur und Artenvielfalt dürfen dabei – im Sinne der proaktiven Akzeptanzsicherung – in keinem Fall aufgeweicht werden.