Mit dem Titel
die deutsche Energiepolitik ist nicht tragfähig
überschreibt das HANDELSBLATT ein Interview mit Jeffrey Immelt, dem Chef des amerikanischen Technologiekonzerns General Electrics. Das Gespräch mit Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart über die Euro-Krise, die Energiewende und den Wettbewerb mit dem Siemens-Konzern ist auf Seite 20 des Handelsblatts vom 21.6. 2013 erschienen. Es ist absolut lesenswert und rechtfertigt unbedingt den Kauf der Ausgabe. Nach einem Austausch über unterschiedliche wirtschaftspolitische Philosophien und unternehmerische Herausforderungen und Strategien kommen die Interviewpartner auf die deutsche Energiepolitik zu sprechen.
Steingart: Das große Thema in diesem Land ist die Energiepolitik, die eine Abschaltung aller Kernkraftwerke und einen über den Strompreis subventionierten Ausbau von Sonnen- und Windenergie vorsieht. Was halten Sie von der Energiewende?
Immelt: Eine gute Klimapolitik sollte eine Balance zwischen günstiger Energie, Klimaschutz sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen anstreben.
Auf Steingarts Bitte um Präzisierung hin:
Immelt: Wenn Sie ein Stahlwerk in Texas betreiben, zahlen Sie fünf Cents für die Kilowattstunde Strom. Ein Werk in Deutschland muss 20 Cents zahlen. Das vernichtet hierzulande Arbeitsplätze. Ich glaube, die Deutschen müssen anerkennen: Kein Land agiert für sich in Energiefragen alleine, wir sind alle Teil eines großen Netzwerkes.
Auf Steingarts Frage hin, ob er Deutschland auf dem Weg in ein selbstverschuldetes Desaster sähe:
Immelt: Ich habe Regierungschefs in 50 Ländern weltweit getroffen und kann sagen, dass Sie eine der besten Staatschefinnen überhaupt besitzen. Ich glaube aber, diese Energiepolitik ist langfristig so nicht tragfähig. 5 Cents in den USA gegenüber 20 Cents in Deutschland, das sind die Fakten. Das wird keine Arbeitsplätze in Deutschland schaffen.
Steingart erwähnt den amerikanischen Gasboom aufgrund großer Vorkommen von Schiefergas. Auch in Deutschland gäbe es Schiefergas, doch sei es derzeit politisch nicht möglich dies zu fördern. Fracking sei umstritten. Auf Steingarts Frage “zu Recht?” antwortet
Immelt: Wir haben in den USA viel Gas relativ nah unter der Oberfläche, wahrscheinlich sogar mehr als bisher bekannt ist. Es gibt zwei Sorgen: Das Grundwasser könnte beim Fracking verunreinigt werden. Sorge Nummer zwei: Es könnte Lecks beim Transport des Gases geben.
Auf Steingarts Frage ob für Immelt “no risk no fun” gelte, führt Immelt aus:
Immelt: Auf keinen Fall. Wir brauchen strenge Umweltstandards. Ich glaube aber, dass die beiden Herausforderungen gelöst werden können. Ich weiß nicht, wie Deutschland entscheidet. Aber für Amerika gilt: Gas wird die wichtigste Energiequelle der nächsten Dekaden sein. In zehn Jahren könnten wir unabhängig in der Energieversorgung sein. Das stellt die geopolitischen und wirtschaftlichen Weichen neu. In den USA und in Deutschland entwickelt sich die Energiepolitik damit erkennbar auseinander.
Der Wechsel von Kohle zu Gas in den USA hat dazu geführt, dass wir unseren Kohlendioxidausstoß verringert haben. Wir kommen den Zielen des Kyoto-Protokolls dadurch näher.
Die schmutzige Kohle, die vorher in den USA eingesetzt wurde, raten Sie mal, wo die jetzt landet: in ihrem Land.
Das ist absurd.
Die Deutschen sind zu schlau, um das auf Dauer mitzumachen.
Hervorhebung des letztens Satzes durch VERNUNFTKRAFT.
Mehr zu Jeffrey Immelt und dessen (von anderen bedeutenden amerikanischen Unternehmern geteilten) Sicht auf die Situation in Deutschland können Sie hier nachlesen.