Am 1. Dezember 2015 tagte der Regionalverband Hochrhein-Bodensee und traf – im Beisein unseres Vereinsmitglieds Ueli Joss – eine verantwortungsvolle Entscheidung:
Die im Regionalplan vorgesehenen “Wind-Vorranggebiete” wurden von 17 auf 7 reduziert. Die Reduzierung wurde mit der Verantwortung Baden-Württembergs für den Schutz des Rotmilans begründet und ist im Einklang mit dem entsprechenden Dokument des baden-württembergischen Umweltministeriums, welches besagt, dass ein “Dichtezentrum” vorliegt, wenn in einem Radius von 3,3 km um eine geplante Windenergieanlage mindestens 4 Revierpaare des Rotmilans vorkommen.
Die Art und Weise, wie diese Entscheidung in der regionalen Presse begleitet wird, spricht für sich bzw. gegen das Urteilsvermögen der jeweiligen Autoren,
die dem existenzbedrohten Vogel eine Täterschaft andichten bzw. Opfer und Täter vertauschen.
Indem man den Rotmilan zum “Bremser” oder “Störer” deklariert, weist man ihm eine aktive, negativ belegte Rolle zu. Nicht einmal subtil, sondern ziemlich plump wird der Eindruck vermittelt, als stünden egoistische Tiere der Umsetzung höherer Ziele im Wege und als sei der Natur‑, Tier- und Artenschutz ein lästiges Relikt, das dem vermeintlich viel wichtigeren “Klimaschutz” und der vermeintlichen “Energiewende” im Weg stehe.
Erschreckend, entlarvend und leider symptomatisch für das im regierungsamtlichen Südwesten der Bundesrepublik vorherrschende Denken ist diese Aussage des SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel:
Auch die SPD steht nicht uneingeschränkt hinter dem Milan, von dem es weltweit nur knapp 30 000 Brutpaare (die Hälfte davon in Deutschland) geben soll. Ihr Fraktionschef Claus Schmiedel erklärte jetzt, man müsse im Zweifel nicht immer prüfen, ob ein Windrad den Rotmilan am Hinterkopf erwischt.
Wenn er erneut den Mut zu ehrlichen Worten fände, würde der Parteifreund und zuständige Bundesminister es vermutlich so formulieren:
Die Wahrheit ist, dass die Lebensgefährder des Milans zum “Klimaschutz” exakt nichts beitragen und für die “Energiewende” völlig unerheblich sind.
Die Wahrheit ist, dass das Einzige, das durch Reduktion von Lebensgefahr in Gefahr gerät, die Profite von Projektierern und die ideologischen Ziele einer Landesregierung sind.
Die Wahrheit ist, dass der Rotmilan Retter von Natur, Leben und Lebensqualität ist.
Dem gescholtenen Gefiederten gebührt Hochachtung!
Denn dort, wo er die Errichtung von Windkraftanlagen unmöglich macht, erhält er mittelbar das Leben von Fledermäusen und anderen Flügeltieren, gebietet er der Landschaftsverschandelung Einhalt und sichert er die Lebensqualität der Menschen vor Ort. Er ist ein echter Rett-Milan.
Unsere Mitstreiter im Naturpark Südschwarzwald sehen diese weise Entscheidung als mittelbaren Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen, für die in Baden-Württemberg grassierende Missachtung von Naturschutzvorschriften zu sensibilisieren. Unabhängig von der Vaterschaft dieses vorerst regionalen Erfolgs, gratulieren wir den Vernunftbürgern um Ueli Joss. Außerdem danken wir ihnen dafür, dass sie auf ihren Seiten Informationen und Werkzeuge bereitstellen, die es auch anderen Vernunftbürgern in Baden-Württemberg erleichtern, den Rett-Milan bei seiner Arbeit zu unterstützen. Unter diesem Link finden Sie Kartenmaterial und vieles mehr.
Dieser regionale Erfolg darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Rett-Milan weiterhin in steter und zunehmender Gefahr ist. Das Helgoländer-Papier verlangt schließlich einen Abstand von 1.500m zu jedem Brutpaar – nicht nur zu jenen, die sich in einem sogenannten “Dichtezentrum” befinden. Dieses rechtlich höchst fragwürdige Konstrukt steht mit den Empfehlungen der Ornithologen-Konferenz nicht im Einklang und unterläuft das grundsätzliche Tötungsverbot. Die Retter sind also keineswegs gerettet – die Lizenz ist noch gültig:
In ihrer Dezember-Ausgabe 2015 widmete die Zeitschrift Nationalpark dem Thema einen Grundsatzartikel. Das Magazin berichtet seit 1974 viermal jährlich über die Entwicklung deutscher Nationalparks, großer Schutzgebiete und aus dem Naturschutz. Die Zeitschrift versteht sich als Anwältin von Natur und Wildnis. Der Autor ist Geschäftsführer der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. |