Nach dem “Hearing” nichts zu hören

Das Hessi­sche Wirtschafts­mi­nis­te­rium hat am 16. Dezem­ber 2014 ein INFRA­SCHALL-EXPER­TEN-HEARING veran­stal­tet. Plötz­lich weigert sich das Minis­te­rium, ein Fakten­pa­pier mit den Ergeb­nis­sen zu veröf­fent­li­chen. Warum? Vertre­ter von VERNUNFTKRAFT. HESSEN waren dabei und haben die Fakten zusammengefasst.

Nach sechs Wochen vergeb­li­chen Wartens haben die vernunft­kräf­ti­gen Hessen am 31. Januar 2015 Resumé gezogen:

vkh

 

 

INFRA­SCHALL-Exper­ten-Hearing am 16.12.2014

 

Die Frage, ob Infra­schall-Emissio­nen von Windkraft­an­la­gen gesund­heit­liche Schäden bei Anwoh­nern verur­sa­chen können, wurde am 16.12.14 in Wiesba­den im Auftrag des hessi­schen Energie- und Wirt­schaftsministeriums unter Ausschluss der Öffent­lich­keit erörtert. Allerdings:

Entge­gen der Aussage des Minis­te­ri­ums sieht man nun von einer Veröf­fent­li­chung eines Fakten­pa­pie­res, angekün­digt für Ende Januar, ab! Auch die angekün­digte Presse­er­klä­rung zum Fakten­check, die den Kriti­kern des massi­ven Ausbaus der Windkraft eine eigene Passage für ihre Analyse der Exper­ten-Befra­gung Raum geben sollte, wird nun ohne stich­hal­tige Begrün­dung und ohne neuen Termin „aufge­scho­ben“. Die durch viele inter­na­tio­nale Studien beleg­ten negati­ven Auswir­kun­gen von Infra­schall durch Windkraft­an­la­gen auf die Gesund­heit der Anwoh­ner (s.u.) sowie das Ergeb­nis der Machbar­keit­stu­die im Auftrag des Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­ums lässt den Aufschub der Klärung der Frage auf ungewisse Zeit nicht zu. Dieser Vorgang lässt sich nur so bewer­ten: Grob fahrläs­sige Politik! Das Minis­te­rium versucht, für den ungebrems­ten Ausbau der Windkraft Zeit zu gewin­nen, auch mit dem Risiko, der Gesund­heit der Bevöl­ke­rung zu schaden. Dabei haben wir in Deutsch­land längst erkrankte Menschen; es handelt sich nicht um ein auslän­di­sches Literaturphänomen!

Hier unser Fakten­check zum Experten-Hearing:

Einige der gelade­nen Exper­ten (s.u.) verwen­de­ten Begriff­lich­kei­ten missbräuch­lich. Fakten wurden verharm­lost, Aussa­gen der auf über 1200 Litera­tur­quel­len basie­ren­den Machbar­keits­stu­die zum Thema Infra­schall des Umwelt­bun­des­am­tes wurden ignoriert. Insbe­son­dere Herr Eulitz und Frau Prof. Herr haben Objek­ti­vi­tät und sachlich korrekte Darstel­lung von Fak­ten vermis­sen lassen. Der Grund dafür könnte ihre beruf­li­che Abhän­gig­keit sein.

Das entschul­digte Fehlen von Prof. Krahe war sehr bedau­er­lich. Als Leiter der dieser Infra­schall­stu­die hat er schon zu Beginn 2014 auf öffent­li­chen Hearings einen Mindest­abstand von 2000 Metern empfoh­len. Herr Eulitz konnte die fehlende Fachkom­pe­tenz nicht erset­zen. In seiner einlei­ten­den Präsen­ta­tion bezog er sich fast ausschließ­lich auf Hörschall.  Infra­schall behan­delte er nur in Bezug auf Luftschall. Der existie­rende Körper­schall wurde ganz unter­schla­gen. Eulitz erwähnte zwar, dass Infra­schall durch die große Wellen­länge sehr weit, also viele Kilome­ter, getra­gen wird und wies auf die Verstärkungs­wirkung inner­halb von Gebäu­den hin. Er verstieg sich aber zu der Falsch­aussage, dass Infra­schall in 600m Abstand von einer Windkraf­t­an­lage nicht messbar wäre. Er musste auf Nachfrage aber zugeben, dass weder die TA-Lärm noch die DIN 45680 Infra­schall-Frequen­zen unter 10 Hz überhaupt berücksich­ti­gen und er über keine Mess­geräte für diesen Frequenz­be­reich verfügt. Die Messun­gen, die vorge­nom­men wurden, sind vergleich­bar mit dem Ver­such, mit einem Fieber­ther­mo­me­ter die Lufttem­pe­ra­tur im Winter messen zu wollen.

Korrekt wies er darauf hin, dass im Hörschall­be­reich ein Plus von 10 dB eine Lautstär­ken­ver­dopp­lung zur Folge hat, versäumte aber darauf hinzu­wei­sen, dass bei Infra­schall bereits bei einem Plus von 5 dB eine Verdopp­lung der Belas­tung auftritt.

Eine Frequenz­ana­lyse typischer Geräu­sche großer Wind­kraftanlagen und deren Ausbrei­tungs­cha­rak­te­ris­tik, abhän­gig vom Stand­ort (Ebene/Berg, Ge­stein/Sand etc.) und von Witter­ungs­ein­flüssen, fehlte vollstän­dig. Frau Prof. Hornberg erwähnte diese absolut wesent­li­chen geolo­gi­schen und meteo­rolo­gischen Fakto­ren ledig­lich in einem Nebensatz.

Kein Experte konnte Aussa­gen zum Infra­schall-Anteil und dem Schall­druckpegel einer großen Windkraft­an­lage machen.

Frau Prof. Herr war bemüht, die Risiken von Infra­schall klein zu reden.  So  bejahte sie die Frage, ob die Fakten­lage ausrei­chend für die Beurtei­lung von Infra­schall sei, obwohl durch­weg von allen Exper­ten zumin­dest erkannt und betont wurde, dass es dringen­den Forschungs­be­darf gibt.

Herr Dr. Pohl war kein geeig­ne­ter Experte. Die von ihm gelei­tete und vorab erst auf Druck der Ärzte veröf­fent­lichte Wilstedt-Studie ist eine reine Hörschall-Studie ohne jeden Bezug zum Thema Infra­schall. Obwohl die Windkraft­an­lagen in Wilstedt mit 150 Metern Gesamt­höhe deutlich kleiner sind als die Anla­gen, um die es in Hessen geht, soll nach Ansicht von Herrn Dr. Pohl die Wilstedt-Studie reprä­sen­ta­tiv für alle Windparks bundes­weit sein. Zudem stehen die Anlagen in der Ebene und auf Sand­boden. Dadurch entfällt der Körper­schall­an­teil und die Hörschall-Abstrah­­lung wird durch die erste Häuser­reihe der Bebau­ung weitge­hend gedämpft. Dennoch klagen 10 % der Befrag­ten über erheb­li­che Schlaf­probleme oder Gereizt­heit, Beweis genug, dass selbst die in Wilstedt mit Abstand von 1500m einge­hal­tene „bayri­sche“ Formel 10xH gesund­heit­li­che Betrof­fen­heit der Anwoh­ner nicht ausrei­chend verhin­dert. Reichen folglich im Mittel­ge­birge 2000 Meter Abstand überhaupt aus? Wind­kraftanlagen müssen immer­hin zu Infra­schall-Messsta­tio­nen einen Abstand von 25 Kilome­tern einhal­ten, um die Messun­gen nicht zu beeinträchtigen!

Themen wie die Langzeit­fol­gen (Senkung der Wahrneh­mungs­schwelle für Infra­schall durch Sensi­bi­li­sie­rung), die Unmög­lich­keit der Schall­pro­gnose im Infra­schall­be­reich bei der Geneh­mi­gung von Windkraft­an­la­gen, die vielfäl­ti­gen medizi­ni­schen Wirkme­cha­nis­men von Infra­schall, die Verstär­kung von Infra­schall inner­halb von Gebäu­den kam in diesem Fakten­check viel zu kurz.

Klar wurde aller­dings durch die Ausfüh­run­gen von Dr. Stapel­feldt, dass die derzeit gelten­den deutschen Schall­schutz­be­stim­mun­gen trotz inter­na­tio­na­ler wissen­schaft­li­cher Beden­ken weiter­hin Windkraft­an­la­gen in zu großer Nähe zu Wohnge­bie­ten zulas­sen werden. Erst massive gesund­heit­li­che Betrof­fen­heit könnte die Politik veran­las­sen, dies zu ändern.

Unser Fazit aus diesem Experten-Hearing:

Der Gesetz­ge­ber ist aufge­for­dert, gemäß Grund­ge­setz Art. 2 die Erhal­tung der Gesund­heit zu garan­tie­ren, das heißt, wenigs­tens einen Min­destabstand von 10xH zu Wohnhäu­sern ab sofort als erste Schutz­maß­nahme vorzu­schrei­ben und in Erwar­tung weite­rer Forsch­ungsergebnisse einen sofor­ti­gen Genehm­i­gungs- und Bau­stopp für WKA unter 2000 Metern Abstand zu erlassen.

Inter­na­tio­nal zahlreich dokumen­tierte gesund­heit­li­che Schäden:

Verän­de­rung im Herz-Kreis­lauf­sys­tem, Konzentra­tions­­schwäche, Reaktionszeit­veränderungen, Gleich­ge­wicht­stö­run­gen, Schlaf­störungen, Gereizt­heit, Aggres­sion, Depres­sion, Müdig­keit, Benom­men­heit, Druck­ge­fühl am Trommel­fell, Vibra­ti­ons­ge­fühl etc. 

Die Patien­ten in Deutsch­land werden gerne als einge­bil­dete Kranke behan­delt oder als Opfer ihrer eigenen Ängste!

Bereits die Auswahl der Exper­ten und Panel­teil­neh­mer gab Anlass zur Kritik, denn es waren in der Mehrheit Minis­te­ri­al­be­amte (Panel) und von staat­li­chen Behör­den beruf­lich Abhängige.

Teilneh­mende Exper­ten/-innen

  • Eulitz, Chris­tian, Möhler +Partner Ingenieure AG
  • Herr, Prof. Dr. Caroline, Bayeri­sches Landes­amt für Gesund­heit  und Lebens­mit­tel­si­cher­heit (LfU)
  • Hornberg, Prof. Dr. Claudia, Univer­si­tät Biele­feld, Fakul­tät Gesundheitswissenschaften
  • Pohl, Dr. Johan­nes, Martin-Luther-Univer­si­tät Halle-Witten­berg, Insti­tut für Psychologie
  • Stapel­feldt, Dr. Alfred, Rechts­an­wälte SZK

Teilneh­mende des Panels (Fragen­stel­ler):

  • Kuck, Dr. med. Eckhard, „ÄRZTE­FO­RUM Immis­si­onschutz Bad Orb“, Bundes­in­itia­tive Vernunftkraft
  • Meissauer, Dr. Andreas, Hess. Minis­te­rium für Umwelt, Klima­schutz, Landwirt­schaft und Verbraucherschutz
  • Sammeck, Dr. med. Rolf, „ÄRZTE­FO­RUM Immis­si­onschutz aefis“
  • Sothmann, Ludwig, Deutscher Naturschutzring
  • Stephan, Peter, CDU-Fraktion im Hessi­schen Landtag
  • Stiller, Dr. med. Thomas, „ÄRZTE­FO­RUM Immis­si­onschutz aefis“
  • Thiele, Stephan, Regie­rungs­prä­si­dium Darmstadt
  • Wierle­mann, Joachim, Bundes­ver­band Windener­gie Hessen
  • Witten, Dr. Jutta, Hess. Minis­te­rium für Sozia­les und Integration

Die kriti­schen Frage­stel­ler Dr. Kuck, Dr. Stiller und Dipl. Ing. Töpper­wien konnten eindrucks­voll aufzei­gen, dass sie dieje­ni­gen mit der größe­ren Sachkennt­nis waren. Zu dieser Erkennt­nis kam wohl auch das Wirtschafts­mi­nis­te­rium und dies erklärt möglich­weise auch die Entschei­dung, besser kein Fakten­pa­pier zu erstellen.

Für weiter­ge­hende Infor­ma­tio­nen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:

Mitschnitt des Hearings:  http://energieland.hessen-agentur.de/dynasite.cfm?dsmid=503005

Landes­ver­band VERNUNFT­KRAFT HESSEN e.V.

Rolf Zimmer­mann, rolf.zimmermann@vernunftkraft-hessen.de, Zweiter  Vorsit­zen­der, Tel. 0172 6104 383

Andrea Groh, andrea.groh@vernunftkraft-hessen.de, Presse/Öffentlichkeit, Tel. 0151 1703 2487

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