Anhänger einer vernünftigen Energiepolitik, die der Windenergie wohlbegründete Skepsis entgegenbringen, mussten im November 2019 einige Aggressionen ertragen.
So verstieg sich der “Volksvertreter” Oliver Krischer (MdB, Grüne) dazu, Windkraft-Skeptiker als „Taliban“ zu bezeichnen. Bemerkenswert, dass in einer Partei, die einst der Bürgerechtsbewegung nahe und für basisdemokratische Positionen stand, nun bereits zum zweiten Mal eine solche Entgleisung möglich ist: Schon 2015 hatte eine Führungsperson der Grünen sachlich argumentierende, gewaltfrei ihre bürgerlichen Rechte wahrnehmende Mitmenschen als „Extremisten“ verunglimpft. Kleiner Trost damals: Die nächste Wahl reduzierte den Einfluss der bürgerscheltenden Partei erheblich.
In zahlreichen Beiträgen lieferte der SPIEGEL der Windkraftlobby Raum zur Selbstdarstellung. Seiner Schreiber phantasierten davon, dass die Windkraft „zuverlässig (!) emissionsfreien Strom liefere“ und beschuldigte deren Kritiker, dass jene „unsere Zukunft kaputt klagen“ würden.
Soweit, so unsinnig.
Den Gipfel der Geschmacklosigkeit erklomm allerdings eine Dame in der ZEIT mit ihrer Liebeserklärung an die Windkraftindustrie.
Ihre „Kolumne“ erfüllt alle Merkmale einer Hasstirade („hate speech“): Gewaltphantasien, Verunglimpfung, Hetze. Herr Dr. René Sternke aus Vorpommern hat dies zurecht gegenüber dem Presserat gerügt. Wer eine Verrohung der Sprache und der politischen Kommunikation beklagt, muss Frau Mely K. als eine der Haupttäter (m/w/d) erkennen und ggf. zur Räson bringen.
Apropos Räson.
Die zitierten Ausfälle von Teilen der journalistischen und politischen Klasse zeugen von gefährlicher Überhitzung des gesellschaftlichen Klimas. In einer derartigen Situation sind reflexhafte und erratische politische Maßnahmen – sprich: ein Defizit an raison – zu befürchten. Aus aktuellem Anlass der UN-Klimakonferenz sahen wir uns am 1. Dezember 2019 zu einer Warnung veranlasst.
Zur Abkühlung überhitzter Gemüter kann ein Blick auf nüchterne Zahlen sehr hilfreich sein.
Die Bilanz von neun Jahren massiven Windkraftausbaus verdeutlichen drei Abbildungen:
Vier-Wochen-Vergleich der Einspeiseleistungen aller deutschen Windkraftanlagen
Die Hintergrundfläche, abgegrenzt durch die rote Linie, zeigt, wie über das Jahrzehnt hinweg emsig Windkraftanlagen in die Landschaft (hellblauer Anteil) bzw. ins Meer (hellgrüner Anteil) gestellt wurden. Die installierte Leistung wurde mehr als verdoppelt.
Das dunkelblaue „Zackenprofil“ im Vordergrund gibt dagegen die tatsächliche Einspeiseleistung aller Anlagen wieder (die Offshore-Anlagen sind zusätzlich noch in grün dargestellt).
Wie man unschwer erkennt, gab es auch dieses Jahr wieder Stunden und Tage, an denen alle rund 35.000 Windkraftanlagen zusammen nahezu nichts zur Stromversorgung beitrugen.
Ebenso gab es auch in diesem Jahr wieder Stunden und Tage, an denen weit über den Bedarf hinaus produziert wurde. Wie von uns seit 2012 immer wieder prophezeit: Die Berge wuchsen, aber die Täler schlossen sich nicht.
Wer der Windkraft eine „zuverlässige und emissionsfreie Stromlieferung“ attestiert, bestätigt einen berühmten Physiker sehr eindrücklich:
Um über gewisse Gegenstände mit Dreistigkeit zu schreiben, ist es fast notwendig, daß man nicht viel davon versteht.
Georg Christoph Lichtenberg, 1742–1799
Die „Gesamtperformance“ der Windenergieanlagen ist hier tabellarisch zusammengefasst:
Im Jahr 2019 schwankten die Einspeisung zwischen 0,5 und 77 Prozent der installierten Kapazität. 2010 lag die Schwankung zwischen 0,4 und 80 Prozent.
Wie die Wirklichkeit die „Glättungsthese“ ad absurdum führt, illustriert diese Abbildung:
Die erratischen Veränderungen (das „Gezappel“) der Windstrom-Produktion nahmen über die Jahre kontinuierlich zu.
Dies schlägt sich in seit 2010 mehr als verhundertfachtem Aufwand für die Systemstabilisierung nieder: 2018 beliefen sich die sogenannten „Redispatch-Kosten“ auf 1,4 Milliarden Euro. Darin enthalten: 635 Millionen Euro für Windstrom, der gar nicht produziert, aber trotzdem vergütet wurde („Geisterstrom“). Dass die EEG-Umlage im Jahr 2010 noch bei 2 und 2018 bei fast 7 Cent pro kWh lag, sei nur peripher erwähnt. Zentral ist die Erkenntnis:
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Zur gesamten Energieversorgung tragen die Windkraftanlagen 2019 so viel bei wie nie zuvor: Satte drei Prozent. Realistisch betrachtet, bleiben sie ein vernachlässigbarer Faktor, der jedoch massiv Ressourcen verschlingt.
Je dringlicher man das Klimaproblem ansieht, desto wichtiger ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren und zieluntaugliche Technologien nicht länger mit Brachialgewalt auszubreiten.