Lasst uns über die Natur reden
Alternative Energiegewinnung ist unsinnig, wenn sie genau das zerstört, was sie eigentlich bewahren will: Die Natur.
Reinhold Messner
In Werbebroschüren werden Windkraftanlagen regelmäßig als Produzenten naturfreundlichen “Ökostroms” gepriesen. Tatsächlich ist der durch diese Anlagen erzeugte Strom bei einer ganzheitlichen Betrachtung aber keineswegs ökologisch vorteilhaft. Dies ist zwei systembedingten Eigenschaften der Windenergie geschuldet: Der Volatilität und der geringen Energiedichte:
Neben der Zufälligkeit ist das Kernproblem der Wind- und Sonnenenergie, dass sie in sehr diffuser (nicht konzentrierter) Form anfällt. Wer mit dem Fahrrad gegen den Wind fährt, bekommt eine Ahnung davon: Ein Gegenwind von 3 m/s lässt den Mantel etwas flattern, erschwert das Strampeln aber kaum. Wasser hingegen, das uns mit derselben Geschwindigkeit entgegenfließt, reißt uns unbarmherzig hinfort. Strampelnd lässt sich dem Wind viel leichter trotzen als paddelnd dem Wasser. Die Kraft des Wassers ist also vergleichsweise konzentriert, die des Windes breit in der Fläche verteilt. Das „Einsammeln aus der Fläche“ erledigt bei der Wasserkraft ein weitverzweigtes System aus Rinnsalen, Bächlein, Flüsschen und Strömen. Wer die Kraft des Windes „einfangen“ möchte, muss die mühsame Arbeit des Verdichtens selbst erledigen – mit ganz vielen Sammelstationen und Leitungen, die diese verbinden. Rinnsale, Bächlein, Flüsschen und Ströme müssen sozusagen mittels 200m hohen Industrieanlagen, Strommasten und Drähten nachgebaut werden. Zwangsläufig werden weitgehend intakte Naturräume zu Industriezonen und Rückzugsmöglichkeiten sukzessive zerstört. Die geringe Energiedichte der Windkraft bedingt enormen Flächenverbrauch. Die Anlagen dringen immer stärker in ökologisch wertvolle Gebiete und Lebensräume vor und schaden Flora und Fauna erheblich:
- Jährlich 100.000 erschlagene Greifvögel verzeichnet das Michael-Otto-Institut. Zu ähnlich dramatischen Einschätzungen gelangt die Feldstudie „PROGRESS“ der Universität Bielefeld, die abschätzt, was der Betrieb von immer mehr WEA bei Vogelarten anrichtet. Bemerkenswert: Selbst weit verbreitete Arten wie der Mäusebussard verenden so oft an WEA, dass dies bestandsgefährdend werden kann. Greifvögel sind deshalb so betroffen, weil sie an der Spitze der Nahrungskette stehen, über eine lange Lebenszeit und eine geringe Reproduktionsrate verfügen. Die Auswirkungen auf den Bestand werden daher erst mit zeitlichem Abstand sichtbar. Besonders stark ist das Kollisionsrisiko, wenn WEA im Brut- und Nahrungshabitat von Greifvögeln errichtet werden. Daher hat die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogel-schutzwarten im „Helgoländer Papier“ Abstandsempfehlungen zwischen Brutplatz und WEA erarbeitet. Leider finden diese nur unzulänglich Einzug in die Energiepolitik der Bundesländer. Die Expertise der führenden Avifaunisten Deutschlands wird weitgehend ignoriert.
- Das Leibnitz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung geht von 250.000 getöteten Fledermäusen pro Jahr aus. Fledermäuse sind bereits auf Populationsebene gefährdet. Luftdruckunterschiede vor und hinter den WKA führen zum Zerreißen der Lungen (Barotrauma). Windkraftanlagen im Wald bedingen zusätzliche Lebensraumverluste durch die Veränderung wichtiger Jagdhabitate und den Schwund wertvoller Quartiersbäume. Pro WEA werden im Durchschnitt zehn tote Fledermäuse – darunter zahlreiche Zugfledermäuse aus Osteuropa – gefunden. Die deutschen Windkraftanlagen gefährden Fledermäuse bereits auf Populationsebene. Dabei sind nicht nur lokale Populationen bedroht, sondern auch ziehende Arten, für die die Windparks auf den Gipfeln der Mittelgebirge oft zu einer tödlichen Barriere werden. Fledermäuse bekommen pro Jahr maximal ein, nur in seltenen Fällen zwei Jungtiere pro Jahr, die sie erfolgreich aufziehen können. Hohe Schlagopferzahlen können deshalb durch eine Erhöhung der Fortpflanzung nicht ausgeglichen werden.
- Windkraft im Wald ist ein ökologischer Frevel, den nur hartgesottene Ideologen leugnen können, der aber gerade richtig Fahrt aufnimmt. Pro Anlage werden dabei rund 1,5ha Wald dauerhaft versiegelt und 7.000t Fremdmaterial in den Wald gebracht. Mit erheblichen Auswirkungen auf das Ökosystem werden riesige Gruben ausgehoben und pro Anlage (je nach Bodenbeschaffenheit) mit mehreren tausend Tonnen Stahlbeton gefüllt. Die Effekte auf Tierwelt, Böden und Wasserkreisläufe sowie auf Ästhetik und Naturerlebniswert der bewaldeten Mittelgebirgslandschaften sind katastrophal. Zerschneidung und Rodung verändern Wälder in ihrer Funktion als Lebensräume. Darunter leiden insbesondere störanfällige Tierarten – von Rothirsch bis Schwarzstorch und Seeadler. Durch die Versiegelung verliert der Wald seine Filterfunktion – Wasserknappheit droht und die Feinstaubbindung wird reduziert. Nicht nur im Hinblick auf den Klimawandel ist das fatal!
Diese offensichtlichen Naturschädigungen werden klein geredet oder in Abrede gestellt. Weniger offensichtliche werden gar nicht erst untersucht: Die Auswirkungen auf Insektenpopulationen sind potentiell verheerend, die Energieentnahme aus der Atmosphäre dürfte die Trockenheit der Böden erhöhen und das Mikroklima negativ beeinflussen – hier gibt es reichlich Forschungsbedarf. Ein erhebliches Öko-Risiko bergen darüber hinaus die in den Rotoren verbauten CFK-Bestandteile, die sogenannten “fiesen Fasern”.
Sofern die reale Naturzerstörung überhaupt erkannt wird, wird sie seitens der Windkraftindustrie mit vorgeblichem „Klimaschutz“ gerechtfertigt. Die Lobby versteigt sich gar zur Gleichung „Windkraft ist Klimaschutz ist Artenschutz“, die an Absurdität und Zynismus kaum zu überbieten ist. Es wird suggeriert, Wald und hiesige Arten seien wegen des Klimawandels „totgeweiht“ und ihr Schicksal sei nur durch den Windkraftausbau abwendbar. Erwiesenermaßen tragen die hierzulande aufgebauten Windenergieanlagen allenfalls symbolisch zum Klimaschutz bei, eine faktische Wirkung auf das Klima ist arithmetisch, theoretisch und praktisch ausgeschlossen!
Im Jahr 2016 war Deutschland für 2,3 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, die Europäische Union (EU) für 10,5 %. (…) Selbst wenn es gelänge, die Emissionen Deutschlands und der EU auf null zu senken, könnte dies somit global nur einen kleinen Beitrag leisten und den Klimawandel nicht aufhalten.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2019
Faktisch bringen die hiesigen Anlagen bei systemischer Betrachtung (LINK) überhaupt keine CO2-Einsparung, tragen also nicht einmal symbolisch zum Klimaschutz bei. Den ökologischen Schäden steht Null ökologischer Nutzen gegenüber. Vor diesem Hintergrund ist jedwede weitere Aushöhlung des Naturschutzes unbedingt abzuweisen. Gerade im Hinblick auf den Klimawandel ist der Wald zur absoluten Tabuzone zu erklären – er ist größter CO2-Speicher und liefert unverzichtbare ökologische Funktionen, wie Temperatur- und Feuchtigkeitsregulierung, Luftreinigung und Hochwasserschutz.