Natur­zer­stö­rung für den Klima­schutz – sind die Welten­ret­ter noch zu retten?
Mit der Eifel, dem Wester­wald, dem Hunsrück und dem Pfälzer­wald verfügt das Bundes­land Rhein­land-Pfalz über mehrere waldrei­che Mittelg­birgs­land­schaf­ten. Jede dieser Regio­nen hat ihren spezi­el­len Charak­ter.

 

Unver­nünf­ti­ges > Gemein­sam war diesen Gebirgs­zü­gen bisher eine natur­nahe und harmo­ni­sche Landschaft, die den Menschen vor Ort Heimat und den Gästen Erholung und Ruhe stiftete. Seit einiger Zeit teilen diese Mittel­ge­birge jedoch ein weite­res Merkmal: Was hier über Jahrzehnte durch engagier­ten Natur- und Landschafts­schutz bewahrt wurde, droht handstreich­ar­tig einem völlig fehlge­lei­te­ten Klima­schutz zum Opfer zu fallen.

 

(noch windin­dus­trie­freier) Blick über die Höhen­züge des Pfälzer­walds: Das Dahner Tal von Eyberg aus. Quelle: Walter Stutte­rich, Pirmasens.

Energie­wende- und Klima­schutz­stra­te­gie des Bundes­lan­des Rheinland-Pfalz


So verfügt Rhein­land-Pfalz, das mit rund vier Millio­nen Einwoh­nern gut ein halbes Promille der Weltbe­völ­ke­rung reprä­sen­tiert, über ein eigenes Landes­mi­nis­te­rium für den Klima­schutz.

Im Rahmen einer landes­ei­ge­nen (!) Energie­wende- und Klima­schutz­stra­te­gie will die zustän­dige Landes­mi­nis­te­rin ihr Land energie­po­li­tisch unabhän­gig machen.

Zu diesem Zweck will Minis­te­rin Lemke die Höhen­la­gen der Mittel­ge­birge in großem Stil zu Stand­or­ten für Windin­dus­trie­an­la­gen umwid­men; Seen und Täler sollen zu Pumpspei­cher­kraft­wer­ken umfunk­tio­niert werden.

Dass die übereif­ri­gen landes­ei­ge­nen Ausbau­ziele für die Windener­gie mit dem, was aus überge­ord­ne­ter Sicht des Bundes sachge­recht wäre, überhaupt nicht kompa­ti­bel ist, stört die Klima-Minis­te­rin nicht.

Auch die dies impli­zie­rende Kosten­be­las­tung für Bürger und Unter­neh­men sieht sie gegen­über den hehren Zielen des Klima­schut­zes als nachran­gig an (siehe dazu einen Auftritt vom 17.12.2012).

Mit aller Macht strebt Frau Minis­te­rin Lemke der regio­na­len Autar­kie entgegen.

[Warum regio­nale Autar­kie­be­stre­bun­gen wenig sinnvoll sind, lesen Sie hier. ]


Zielkon­flikte zwischen den Klima­schutz- und Autar­kie­zie­len und dem Schutz der Umwelt und Natur vor Ort sieht die Minis­te­rin nicht.


Wer hofft, diese einsei­tige Fokus­sie­rung auf den Klima­schutz sei vielleicht dem Ressort­zu­schnitt geschuldet…

…und Natur­schutz­be­lange bei der Minis­ter­kol­le­gin für Umwelt in guten Händen wähnt…

…irrt leider.

So fällt der Schutz der rhein­land-pfälzi­schen Wälder und Natur­parks in die Ressort­zu­stän­dig­keit der Minis­te­rin Höffken.

Wer aller­dings erwar­tet, auf deren Inter­net­sei­ten etwas Erhel­len­des zu den offen­kun­di­gen Zielkon­flik­ten zwischen massi­vem Windener­gie­aus­bau, Pumpspei­cher­kraft­wer­ken und dem klassi­schen Natur­schutz zu lesen, wird leider enttäuscht.

Die Anwäl­tin für die Umwelt wird ihrem Mandat leider überhaupt nicht gerecht.

Anstatt Zielkon­flikte zu benen­nen und Lösun­gen anzubie­ten, dichtet sie offen­kun­dige Zielkonflikte kurzer­hand in Zielharmo­nien um.


So behaup­tet Minis­te­rin Höffken allen Ernstes, die Zerstö­rung des Waldes diene dessen Schutz. 


Auf ihrer offizi­el­len Inter­net­seite verkün­det sie

Unsere Wälder sind in einem kriti­schen Zustand, weil den Bäumen neben den Luftschad­stof­fen zuneh­mend der Klima­wan­del zu schaf­fen macht

und rühmt sich, dieser “Plage” einer wirksame Kur entgegenzusetzen:

 Wir erset­zen die Klima­kil­ler durch erneu­er­bare Energien, auch mit dem Ausbau der Windkraft in den waldrei­chen Höhen­la­gen.

Auf den aller­ers­ten Blick mag dies vielleicht plausi­bel erschei­nen. Schließ­lich werden Waldbrände mitun­ter auch durch geziel­tes Legen von Brand­schnei­sen bekämpft.

Wer sich aller­dings mit den Fakten beschäf­tigt, kann nicht umhin, diese Aussa­gen der Umwelt­mi­nis­te­rin als blanken Unsinn zu erkennen.

Die Vorstel­lung, den Wald zu retten, indem man ihn windi­gen Indus­tri­el­len zur parti­el­len Zerstö­rung überlässt, ist an Absur­di­tät schwer zu überbieten.

Warum?


Erstens

Die Aussage, dass der rhein­land-pfälzi­sche Wald im Jahr 2012 durch den Klima­wan­del geschä­digt wird, wirkt an den Haaren herbeigezogen.

Dass der Wald in Rhein­land-Pfalz Schäden aufweist, mag sein.

Als Ursachen erschei­nen lokale Luftver­schmut­zun­gen durch Schwe­fel- oder Kohlen­mon­oxide, Borken­kä­fer, Wildver­biss oder ähnli­che real-existie­rende Fakto­ren ungleich plausibler.

Dass der “Klima­wan­del” in einigen Jahrzehn­ten, sofern sich die düsters­ten Progno­sen bewahr­hei­ten sollten, zu einem nennens­wer­ten Schädi­ger einiger Baumar­ten avanciert, ist nicht auszuschließen.

Dass der “Klima­wan­del” im Deutsch­land des Jahres 2012 bereits eine messbare – geschweige denn im Verhält­nis zu anderen manifes­ten Schadens­quel­len nennens­werte – Gefähr­dung oder gar Schädi­gung des Waldbe­stan­des verursacht…

…ist hinge­gen auch ohne fundierte forst­wis­sen­schaft­li­che Kennt­nisse quasi auszuschließen.

Hier genügt unseres Erach­tens der gesunde Menschen­ver­stand. Sollte uns dieser trügen, sind jedoch immer­hin ein paar Fakten zu berück­sich­ti­gen. Nämlich:

Zweitens

Die gesamte Bundes­re­pu­blik Deutsch­land trägt zu den als “Klima­kil­ler” gebrand­mark­ten weltwei­ten CO2-Emissio­nen derzeit rund 2,5 % bei. Genaue Zahlen finden Sie hier.

Nach Progno­sen der Inter­na­tio­na­len Energie­agen­tur wird dieser deutsche Anteil an den globa­len CO2-Emissio­nen in den nächs­ten 20 Jahren auf unter 2% sinken.

Und zwar ganz unabhän­gig davon, welche Politik hierzu­lande betrie­ben wird. Einfach deshalb, weil die Anteile der jetzt bereits größten Emitten­ten China, USA und Indien weiter drastisch steigen werden.

Bereits jetzt beläuft sich der jährli­che Zuwachs der chine­si­schen Emissio­nen auf gut 2/3 der jährli­chen Gesamtemissio­nen Deutschlands.

Plasti­scher ausge­drückt:

Wenn Deutsch­land ab morgen kein Gramm CO2 mehr aussto­ßen würde, wenn also alle Deutschen beschlie­ßen würden, nie wieder auszu­at­men (also kollek­tiv Selbst­mord begingen)…

…entsprä­che diese Einspa­rung dem, was in China in 17 Monaten zusätz­lich emittiert wird.

Wenn Deutsch­land also komplett von der Bildflä­che verschwände, wäre unser Ausschei­den aus der Welt allein durch die Zuwächse in China nach 17 Monaten wieder wettgemacht.

Das Bundes­land Rhein­land-Pfalz trägt, da es nicht gerade dicht besie­delt ist und nicht über beson­ders viel energie­in­ten­sive Indus­trie verfügt, eher unter­pro­por­tio­nal zu den deutschen CO2-Emissio­nen bei. Gehen wir trotz­dem von einem Sechzehn­tel aus, so offen­bart eine einfa­che Dreisatzrechnung:


Wenn Rhein­land-Pfalz völlig vom Globus verschwände, würde dies den Welten­lauf gerade mal vier Wochen und zwei Tage aufhalten.


Die Vorstel­lung, in Rhein­land-Pfalz könne “Klima­po­li­tik” betrie­ben werden, die tatsäch­lich eine messbare Wirkung entfal­tet, ist völlig abwegig.

Ein ganzes Minis­te­rium mit dieser unlös­ba­ren Aufgabe zu betrauen, mutet grotesk an.

Doch selbst wer wider alle Vernunft bereit ist, unlös­bare Aufga­ben mit aller Macht anzuge­hen, sollte eines bedenken:

Drittens

Selbst wenn die Vorstel­lung, von einem deutschen Bundes­land aus das Weltklima beein­flus­sen zu können, einen Hauch von Reali­täts­be­zug hätte, wären Windkraft­an­la­gen in den rhein­land-pfälzi­schen Wäldern trotz­dem wirkungslos.

Denn sofern diese in der Lage sind, den CO2-Gehalt des rhein­land-pfälzi­schen Stroms zu reduzie­ren – wovon wegen mangeln­der Grund­last­fä­hig­keit der Windkraft nicht ausge­gan­gen werden kann – würde dies an den weltwei­ten Emissio­nen nichts ändern.

Die Einspa­rung wäre bloßer Schein, da sie von betrags­glei­chen Mehre­mis­sio­nen andern­orts kompen­siert würde. Grund dafür ist der europäi­sche Emissionshandel.

Die Wirkungs­me­cha­nis­men finden Sie hier ausführ­lich erklärt. Fest steht:


Windrä­der in Rhein­land-Pfalz reduzie­ren die für den Klima­wan­del relevan­ten globa­len CO2-Emissio­nen in keinem Fall.

Sie liefern nicht einmal den besten­falls zu erhof­fen­den Tropfen für den Ozean.


Wenn man diesen Tropfen tatsäch­lich haben wollte, müsste man ganz anders vorgehen.

Beispiels­weise könnte man im Verkehrs­sek­tor anset­zen, denn dieser wird nicht vom Emissi­ons­han­del erfasst. Dort erzielte Einspa­run­gen werden also nicht andern­orts ausgeglichen.

Wir propa­gie­ren das nicht, aber die Verhän­gung eines Tempo­li­mits von 80 Km/h auf Rhein­land-Pfälzi­schen Autobah­nen wäre insofern zumin­dest ein theore­tisch wirksa­mes Mittel.

Nur gibt es dafür leider keine Subven­tion und keine politisch gut vernetzte Indus­trie, die sich daran eine goldene Nase verdie­nen kann. Auch bieten Tempo­li­mits im Gegen­satz zu Windparks den Gemein­de­ver­tre­tern und Bürger­meis­tern keine so bequeme Möglich­keit, ihre Kommu­nal­fi­nan­zen auf Kosten der Allge­mein­heit zu sanieren.

Politi­sche Oppor­tu­ni­tät verdrängt einmal mehr die ökono­mi­sche und ökolo­gi­sche Rationalität.

Blick vom Heiden­berg über das Lauter­tal. Mit Dank an: Walter Stutte­rich, Pirmasens.

Einem Land, das solche weiten Blicke bietet, wäre eine weitsich­ti­gere Politik zu wünschen.

Unsere Argumente stellen kein Plädoyer dafür dar, bezüg­lich des Klima­wan­dels die Hände in den Schoß zu legen. Gemäß des fünften Punktes unseres Programms plädie­ren wir jedoch nachdrück­lich für Ratio­na­li­tät und die Ausblen­dung sachfrem­der Aspekte.

Dass die Windkraft­pläne der beiden Minis­te­rin­nen dem rhein­land-pfälzi­schen Wald oder dem Klima etwas Gutes tun, ist defini­tiv auszuschließen.

Nur wer von Ideolo­gie geblen­det ist, kann überse­hen, dass diese Pläne Wald und Natur vor Ort zerstören.

Wer in der Schule aufge­passt hat, weiß außer­dem, dass Wälder wichtige Kohlen­stoff­spei­cher darstel­len und wesent­li­che ökolo­gi­sche Funktio­nen erfüllen.

Beispiels­weise als Filter für die Atemluft und das Trinkwasser.

Wälder dienen grund­sätz­lich also sowohl dem globa­len Klima als auch der Umwelt vor Ort.

Indem sie Wald vernich­ten, schaden die Pläne der  Minis­te­rin­nen beidem.

Gleich­wohl scheint man in Rhein­land-Pfalz bemüht, möglichst schnell Fakten zu schaf­fen und die Pläne in die Tat umzuset­zen.

Trifti­gen Grund zur Eile gibt es dabei nur aus einem Motiv:

  • Die Umsetz­bar­keit der Pläne hängt vollstän­dig vom Finanz­strom des Erneu­er­bare Energien Geset­zes ab. Also jenes Subven­ti­ons­sys­tems, dessen Absur­di­tät sich hoffent­lich langsam herum­spricht – wozu wir beitra­gen wollen – und dessen Zukunft ungewiss ist.
  • Sobald die Anlagen in Betrieb sind, ist den Betrei­bern über 20 Jahre hinweg ein warmer Geldre­gen garan­tiert. Wobei der Grund­satz gilt: je schlech­ter der Stand­ort, desto kräfti­ger der Geldstrom (vgl. § 29 Abs. 2 EEG).
  • Schnell noch ein paar Indus­trie­an­la­gen auf die Bergkup­pen setzen – bevor der Geldhahn womög­lich versiegt” – so lautet aus Sicht von Lokal­po­li­tik und Inves­to­ren die (inoffi­zi­elle) Devise.

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