Nein, Frau Weiß. Wir haben keine Speicher.
In Werbeanzeigen suggerierte ein großes Unternehmen der Energiewirtschaft, dass ein “Akku für grünen Strom” bereitstünde, um die Zufälligkeit und Unpässlichkeit des Windstroms abzufedern.
Diese Botschaft ist hochgradig irreführend. In benötigter Größe ist dieser “Akku” weder vorhanden noch konzipiert.
Zur konservativen Abschätzung des notwendigen Speichervolumens wird ein minimaler Speichervorhalt von 10 Tagen angesetzt, wie er im Januar 2017 während der „Dunkelflaute“ bei Wegfall der konventionellen Anlagen mindestens notwendig gewesen wäre.
Der Nettostromverbrauch in Deutschland betrug in den letzten Jahren ca. 600 Milliar-den kWh. Daraus resultieren 16 Milliarden kWh für 10 Tage (16.000 GWh/10d).
Pumpspeicherkraftwerke?
Pumpspeicherkraftwerke (PSKW) stellen die effektivste großtechnische Variante zur Speicherung von Energie, die zur Stromversorgung genutzt werden kann, dar. In Deutschland sind über 30 große und kleine PSKW verfügbar. Das neueste und leistungsfähigste mit einer Nennleistung von 1060 MW ist das PSKW Goldisthal mit zwölf Millionen Kubikmeter Wasser im Oberbecken und einer Gesamtlänge des Ringdamms des Oberbeckens von 3370 Metern. Insgesamt sind in Deutschland zurzeit Kapazitäten von ca. 7000 MW am Netz.
Die Baukosten für das Pumpspeicherwerk Goldisthal betrugen 600 Millionen Euro. Die Speicherkapazität beträgt 8 GWh. Der durchschnittliche tägliche Strombedarf in Deutschland liegt mit 1650 GWh beim 200-fachen dieses Wertes. Für eine zehntägige Flaute wären damit größenordnungsmäßig 2000 PSKW der Goldisthal-Klasse erforderlich. Selbst die Turbinen des chinesischen „Drei Schluchten Damms“, des größten Wasserkraftwerks der Welt, könnten nur ein Viertel der elektrischen Leistung bereitstellen.
Der Bau dieser Pumpspeicher würde sich beim niedrigen Ansatz von 600 Millionen € pro Anlage auf mindestens eine Billion € summieren. Daraus wird deutlich, dass die Speicherung von Überschüssen der Stromerzeugung aus Windkraft und PV über Pumpspeicher als Backup für regenerative Anlagen ökonomisch nicht darstellbar ist. Überdies fehlen die topographischen Voraussetzungen hierzulande. PSKW zum Ausgleich der schwankenden Leistung über mehrere Tage sind eine Illusion.
Batterie-Speicherung?
Unter Volllast liefert eine Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 5 MW in einer Stunde 5 MWh. Ein Batteriespeicher der Dimension 5 MW/5 MWh – wie jener, der zu 6,5 Millionen € Investitionskosten 2014 als europaweit größter in Schwerin den Betrieb aufnahm – kann also die in einer Stunde „geerntete“ Energie jener WEA speichern.
Zwischen 2014 und 2016 wurden hierzulande die bis dahin größten Batteriespeicher mit Einspeiseleistungen/Energiespeichermengen unter 10 MW/10 MWh bei Kosten von ca. 1000 € pro kW bzw. kWh gebaut. Im Mai 2017 ging in Japan die aktuell mit 300 MWh und 50 MW weltgrößte Anlage in Betrieb. Im August 2017 wurde in Chemnitz eine Anlage mit 16 MWh eingeweiht. Die Investitionssumme betrug 10 Millionen €, was 625 €/kWh entspricht. Die Beispiele zeigen, dass mittels Modulbauweise sehr große Speicher zur Verfügung gestellt werden können. Deren spezifische Kosten lagen in den letzten zwei Jahren bei 1000 €/kWh, mit fallender Tendenz. Mit dem Ansatz von 1000 €/kWh errechnen sich für die Speicherung einer Terawattstunde Kosten von einer Billion €. Dies wäre gerade ausreichend, um den durchschnittlichen Strombedarf in unserem Land für 15 Stunden zu decken.
Zur Überbrückung von 10 Tagen Flaute im Winter würden Lithium-Batterien für die Speicherung von 16 TWh (16 Milliarden kWh) mit Kosten von 16 Billionen € benötigt. Selbst bei Effizienzgewinnen um 500 % in der Batterietechnik wären nicht darstellbare Billionen-Euro-Beträge notwendig. Die Haltbarkeit dieser Batteriesysteme liegt im Bereich von 10 Jahren, die Investitionssummen wären also jeweils zeitnah wieder aufzubringen.
Batteriespeicher zur Aufnahme der Leistungsschwankungen sind damit fern jeder ökonomischen und physikalischen Realität.
Um den in Deutschland in 10 Tagen verbrauchten Strom mit Lithium-Ionen-Akkus speichern zu können, müsste man außerdem die weltweite Jahresproduktion solcher Akkus aus dem Jahre 2013 (35 GWh) um den Faktor 450 steigern. Selbst die Tesla Gigafactory mit jährlich 500.000 Lithium-Ionen-Batterien liefert bei voller Auslastung nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Dabei wurde die Verfügbarkeit der Rohstoffe nicht einmal betrachtet.
Power to gas?
Nicht minder illusorisch ist die Produktion von „Windgas“ (Herstellung von Methan über den Sabatier-Prozess) als Speichermethode für diese gewaltigen Energiemengen. Aus dem mehrstufigen Prozess über Wasserstoff zu Methan für die Wiederverstromung in Gaskraftwerken resultieren enorme Wandlungsverluste, sodass unter günstigsten Voraussetzungen die Bereitstellung von ca. 30% der ursprünglichen elektrischen Energie im Zuge der erneuten Stromerzeugung erreicht wird. Zur Kompensation dieser Verluste würde der Bedarf an weiteren WEA und PV-Anlagen um mehr als 100% ansteigen.
Man müsste also die Erzeugungskapazitäten mehr als verdoppeln, um die Verluste des Verfahrens auszugleichen. Auch ohne den immensen Aufwand zum Bau der Methanisierungsanlagen und der Gaskraftwerke zu berücksichtigen, bewirken allein diese Verluste eine Verdoppelung der Kosten.
Das deutsche Erdgasnetz hat ein Speichervolumen von 20 Milliarden m³. Bei Speicherung einer TWh über Wasserstoff mit dem spezifischen Energieinhalt (Heizwert) von 3 kWh/m³ errechnet sich ein äquivalenter Speicherbedarf von 333 Millionen m³. Bei einem Speicherbedarf von 50 TWh erhöht sich das Speichervolumen unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades von 70 % bei der Elektrolyse auf 23 Milliarden m³ und überschreitet somit die Speicherkapazität des vorhandenen Erdgasnetzes (Dies ist als Rechenexempel aufzufassen, da die Wasserstoffkonzentration im Erdgasnetz 5% nicht übersteigen darf!). Bei der Umwandlung von Wasserstoff in Methan resultieren weitere Verluste. Die Stromgestehungskosten lägen bei ca. 2 €/kWh.
Derzeit verfolgen einige Stadtwerke Speicherprojekte im Bereich von ein paar Megawattstunden. Das ist um den Faktor 100.000 zu wenig, um das Problem zu lösen.
Weitere Optionen?
Regelmäßig wird von vermeintlich neuen bahnbrechenden Ideen berichtet. Ringwallspeicher, Kugeln auf dem Meeresboden und ähnliche Fantasien geistern immer wieder durch die Medien. Alle diese „Konzepte“ bewegen sich unterhalb des Niveaus von „Jugend forscht.“ Eine vertiefte Betrachtung erübrigt sich, da sie einfachen Plausibilitätschecks nicht standhalten. Allerdings sind sie geeignet, unkritische und uninformierte Teile der Öffentlichkeit zu erreichen und die Lösbarkeitsillusion zu nähren:
Rund um die Erneuerbaren Energien Branche ist ein regelrechter politisch-ökonomischer Komplex herangewachsen. (…) Alle Akteure in diesem Komplex verbindet ein Interesse: Probleme der Energiewende müssen lösbar erscheinen, damit die Wind- und die Sonnenbranche weiter subventioniert werden. [Aus der ZEIT v. 4.12.2014]
Angesichts der Kosten und technischen Restriktionen sind Speicher definitiv nicht die Lösung der Energiewende. Die notwendigen Kapazitäten sind ökonomisch nicht zu leisten.
Dies gilt umso mehr, wenn der Fuhrpark von Verbrennungsmotoren auf Elektroautos umgestellt und im Wärmesektor die Einführung von Wärmepumpen stark vorangetrieben werden sollte: Unser Energieverbrauch ist in den Wintermonaten besonders hoch, speziell auch dann, wenn bei Inversions-Wetterlagen die PV-Anlagen wegen Bewölkung kaum Strom liefern und die WEA meist stillstehen. Die Wetterabhängigkeit der Stromerzeugung hätte damit unmittelbare und fatale Wirkungen auf den Mobilitätssektor. Ebenso wenig könnte man dann noch elektrisch heizen. Die “Sektorkopplung” löst das Problem der Wetterabhängigkeit nicht, sie verstärkt es.