Unserem Aufruf, über Versorgungssicherheit zu reden, ist Herr Klaus-Eberhard Wagner aus Bensheim mit einem eigenen Beitrag gefolgt. Auf seinem Blog beschäftigt sich der Diplom-Ingenieur seit vielen Jahren mit verwandten Themen.
- von Dipl.-Ing. Klaus-Eberhard Wagner - Die Analyse macht deutlich, dass mit „Wind und Sonne“ eine ausreichende und sichere Stromversorgung in Deutschland nicht möglich ist. Auch eine Vervielfachung der Anlagenanzahl bzw. der Anlagenleistung kann keine Abhilfe schaffen: Nullwind und Nullsonne (nachts, Winter-Halbjahr) bringen bei noch so vielen Anlagen eben Null-Strom. Großpeicher für Strom in der erforderlichen Menge fehlt.
Datengrundlage
VorbemerkungDieser Beitrag setzt die Auswertungen fort, für „Wind“, Zeit von 2006 bis 2020 «Windenergie-Nutzung, Stand 2020» und „Sonne/Photovoltaik“ für die Zeit von 2009 bis 2020 «Photovoltaik-Nutzung 2020». Beide Bereiche sind im Folgenden zusammengefasst dargestellt. Warum diese Art der Analyse?Die Stromversorgung ist ein „momentanes Geschäft“. In jeder Sekunde muss die Leistung (Kilowatt – kW) von Bedarf (Kunden) und Erzeugung (Kraftwerke) im Gleichgewicht stehen. Bereits geringste Differenzen werden durch Abweichungen der Frequenz (Hertz – Hz) von der Soll-Frequenz 50,00 Hz erkannt und müssen schnell ausgeglichen werden. Diese Bedingung, und weitere (u. a. Spannung, Blindstrom) sind die Voraussetzungen für die sichere Versorgung mit Elektrizität – Wechselstrom bzw. Drehstrom. In den Analysen werden die Viertelstunden-Mittelwerte der Elektrischen Leistung (kW, MW) verwendet. Diese sind die einzig verlässlichen Daten zur Beurteilung der Nützlichkeit von Wind- und Sonnen-Anlagen. Sie sind auch übliche Grundlage für die „Stromwirtschaft“. Datenquelle ist die Strombörse Leipzig (jüngere Daten). Eine grundsätzliche Aufbereitung der Daten erfolgt dankenswerterweise durch Vernunftkraft e. V. Hessen, dort Rolf Schuster. Hinweis: Da die eigentlich erforderliche Erfassung und Verwertung der Momentan-Werte (Sekundenwerte) aufgrund praktischer Handhabung und Verfügbarkeiten der Datenmengen nicht sinnvoll ist, bieten sich die Viertelstunden-Mittelwerte als nächste und beste Näherung zu Auswertungen/Beurteilungen an. Die Strombörse basiert auf diesen Werten. ResümeeAlle Darstellungen machen deutlich, dass mit „Wind und Sonne“ eine ausreichende und sichere Stromversorgung in Deutschland nicht möglich ist. Auch eine Vervielfachung der Anlagenanzahl bzw. der Anlagenleistung kann keine Abhilfe schaffen: Nullwind und Nullsonne (nachts, Winter-Halbjahr) bringen bei noch so vielen Anlagen eben Null-Strom. Die generellen Versorgungs-Probleme werden hier aktuell beschrieben: «Wie sicher ist die Stromversorgung?» . Besonders zu erwähnen ist: Es gibt keine Speichermöglichkeiten in der erforderlichen Größe; es wird diese voraussehbar nie geben. Bei Versorgungs-Engpässen kann nicht von einer Hilfe durch Auslands-Anlagen ausgegangen werden. Im Fall der Fälle ist Jeder sich selbst der Nächste. Die Analysen umfassen: A. Wind-NutzungDas Diagramm 1 zeigt die Daten von 2006 bis Juli 2021. Diagramm 1: Nutzung der Windenergie von 2006 bis Juli 2021 Erläuterungen:
B. Onshore- und Offshore-Anlagen – Zeitverläufe der LeistungenDas Diagramm 2 zeigt die aufgekommenen Leistungen der Onshore- und Offshore-Windanlagen für Januar 2021. Diagramm 2: Darstellung der Gleichzeitigkeit des Stromaufkommens von Onshore- und Offshore-Windanlagen Die nach unten weisenden Pfeile verdeutlichen die Zeiten, in denen beide Anlagenbereiche zugleich sehr geringe Leistungsaufkommen haben. Das ist eine natürliche Folge der Verbreitung von Tiefdruckgebieten. Diese erstrecken sich typisch über mehr als 1.000 km. Das Diagramm zeigt auch einen gewissen Gleichlauf großer Leistungen für die Onshore- und Offshore-Anlagen. Nord-Süd-Trassen – Sinnhaftigkeit?Es ist deshalb sehr fraglich, inwieweit Nord-Windleistung den Leistungsbedarf in Süd-Deutschland decken kann. Der „Nordwind“ wird im Süden, natürlich je nach Tageszeit, auf südlichen „Sonnenstrom“ und den südlich aufkommenden „Windstrom“ treffen. Die propagierten Nord-Süd-Stromtrassen, die regionale Versorgungslücken ausgleichen sollen, erscheinen bei diesen Gegebenheiten, außerordentlich fragwürdig. Die Energiepolitik ignoriert weitgehend diese Tatsachen. C. Sonnen/PV-NutzungDie Nutzung der Sonnenenergie durch PV-Anlagen für die Jahre 2010 bis Juli 2021 zeigt Diagramm 3. Wie im Diagramm 1 (Windnutzung) werden Monatsdaten dargestellt, die wiederum aus Viertelstunden-Mittelwerten ermittelt werden. Die Datenquellen entsprechen denen der Windnutzung. Auf grundsätzliche Probleme der Erfassung von PV-Anlagen wird in der Analyse für 2020 hingewiesen (Link siehe oben). Diagramm 3: Nutzung der PV-Anlagen von 2010 bis Juli 2021 Erläuterungen:
D. Gesamte Strom-Versorgung, Monate Dezember 2020 und Juni 2021Das Diagramm 4 zeigt die Leistungs-Verläufe des Bedarfs und der Deckungsanteile durch Strom aus „Wind und Sonne“. Diagramm 4: Leistungs-Bedarf, Leistung aus Wind- und Sonnenenergie, Dezember 2020 Das Diagramm veranschaulicht die Versorgungs-Möglichkeiten aus Wind- und Sonnen-Anlagen. Die rotbraune Fläche zeigt den typischen Verlauf des Leistungsbedarfs. An Wochenenden tritt regelmäßig ein Bedarfsrückgang ein, ebenso zum Jahresende und zur Weihnachtszeit. Die blauen Flächen stellen die Wind-Einspeisungen dar; darüber sind die gelben, zackigen Flächen, die PV-Einspeisungen, addiert eingezeichnet. Allein an den Tagen 27./28.12.2020 ist eine erhebliche Deckung des Bedarfs durch Wind- und PV-Leistung ersichtlich. Die Differenz der Flächen bzw. der Verlauf der Leistungen veranschaulichen die Notwendigkeit, mit anderen, also konventionellen Kraftwerken die offenkundigen „Lücken“ zu füllen. Besonders die Tiefstwerte zeigen, dass auch mit einem Verzigfachen der Regenerativ-Anlagen das Versorgungsproblem nicht gelöst werden kann. Hinzu kommen weitere technische Probleme. Die Regenerativ-Kraftwerke benötigen ein stabiles elektrisches Netz, um überhaupt „einspeisen“ zu können. Dieses Erfordernis können nur große konventionelle Kraftwerke befriedigen. Diese Thematik wird an anderer Stelle in meinem Blog behandelt, z. B.: «Energiepolitik 2019 – Fakten, Irrtümer, Fragen» und «Wird die Energiewende zur Energiefalle?». Das Diagramm 5 zeigt die Verläufe der Leistungen für den Juli 2021. Ersichtlich ist, dass die PV-Anlagen – im Gegensatz zu den Windanlagen – mit erheblichen Spitzenwerten der Versorgung dienen. Es verbleiben, wie für den Monat Dezember 2020 gezeigt, große Flächen zwischen der braunen Linie und der Summe aus den blauen (Wind) und gelben Linien (PV). Hieraus wird die Notwendigkeit erkennbar, über andere, flexibel arbeitende Kraftwerke verfügen zu müssen. Diagramm 5: Leistungs-Bedarf, Leistung aus Wind- und Sonnenenergie, Juli 2021 Die obere rote Linie im Diagramm zeigt die Summe der bereits installierten Leistungen aus Wind- und PV-Anlagen: Der Wert = 120.327 MW. Zur Orientierung sind zu nennen: Der geringste Bedarf (Sommer, Wochenende) beträgt etwa 35.000 MW; der maximale Bedarf am Tag der sog. Höchstlast (typisch Dezember oder Januar oder Februar) beträgt etwa 83.000 MW. E. Zu erwartendes Versorgungs-ChaosGerade wenn sich ein zusätzlicher Bedarf durch E‑Mobilität und Digitalisierung einstellt, wird sich aus der politisch gewollten, einseitigen Vorrangstellung bzw. Alleinstellung von Regenerativ-Kraftwerken, eine gewaltige „Schieflage“ im Strom-Versorgungs-Systems entwickeln. Einerseits fällt zu viel Leistung aus Wind und Sonne an, die gemäß EEG abgenommen und vergütet werden muss. Dabei ist unerheblich, ob der Strom gerade gebraucht wird oder nicht. Die anderen Regenerativen-Energie-Nutzungen, wie Wasserkraft, Biomasse-Nutzung, Geothermie, können nur mit geringen Versorgungsanteilen beitragen. Bei Überschüssen entstehen ggf. die bekannten „Negativen Strompreise“. Strom muss aus Gründen der Netz-Stabilität in das Ausland verschenkt werden – mit Abnahme-Prämien! Andererseits wird häufig zu wenig Strom aus Wind und Sonne bereitgestellt. Dies macht weiterhin konventionelle Kraftwerke nötig. Da diese Situationen nicht sicher vorausgesagt werden können, entstehen in Ermangelung großer Speichersysteme zunehmend gefährliche Versorgungslücken. Ggf. muss Strom aus ausländischen Kraftwerken, insbesondere Pumpspeicherkraftwerken, teuer zurückgekauft werden. Das kann funktionieren, wenn das Ausland zu derartigen Zeiten nicht ebenfalls eine Versorgungsnot hat. Erkennbar wird das eigentliche Chaos der Energiepolitik.Auszuschließen ist, dass allein Regenerativ-Kraftwerke durch deren naturgegebenes Leistungsdargebot die Bedarfs-Notwendigkeiten sicher befriedigen können. Der §1 EnWG verpflichtet die Versorgungs-Unternehmen sicher, preiswert, umwelt- und sozialverträglich die Energieversorgung zu bewerkstelligen. Die Realität lässt zunehmend Zweifel aufkommen. Aus der Energiepolitik hört man Argumente, um die geschilderten Ungleichheiten in den Griff zu bekommen, dass Zwangs-Abschaltungen und Verbraucher-Steuerungen (z. B. über sog. Smart-Meter, auch Spionage-Zähler genannt) eingeführt werden müssten. Ein Konterkarieren der Vorgaben des EnWG (Energie-Wirtschafts-Gesetz) ist festzustellen.
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VERNUNFTKRAFT. dankt Herrn Wagner für diesen Beitrag. Mehr aus seiner Feder finden Sie hier.
Über das Thema muss weiter geredet, das drohende Chaos abgewendet werden.