Vernunft kennt keine Grenzen

Der Titel

Windrä­der zerstö­ren die Umwelt

überschreibt einen am 12. Dezem­ber 2013 in der Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung erschie­nen Essay. Es ist ein starkes Plädoyer für die Vernunft aus der Feder eines sachkun­di­gen Physi­kers mit beweg­ter politi­scher Vergangenheit. 

Unter dem Vorwand die Umwelt zu schüt­zen wird die Landschaft zerstört. Es ist an der Zeit, die Strom­erzeu­gung durch “Stahl­ko­losse”, die eine Gesamt­höhe von 200 Metern errei­chen können, zu beenden.

Zur Erinne­rung: Der 161 Meter hohe Turm des Ulmer Münsters ist der höchste Kirch­turm der Welt und der Kölner Dom ist mit 157 Metern Höhe das zweit­höchste Kirchen­ge­bäude Deutsch­lands. Gott sei Dank sind noch keine Pläne bekannt gewor­den, in unmit­tel­ba­rer Nähe dieser Sakral­bau­ten Windrä­der zu errich­ten, um die Umwelt zu schüt­zen. Hohe Grund­stücks­preise können auch ein Vorteil sein.

Aber die Zerstö­rung der deutschen Kultur­land­schaft schrei­tet schein­bar unauf­halt­sam voran. Kein Wunder. Für ein Windrad, das an einem durch­schnitt­li­chen Stand­ort in Deutsch­land im Jahr 6 Millio­nen Kilowatt­stun­den Strom erzeugt, wird pro Jahr eine Pacht von 60.000 Euro gezahlt. An windrei­chen Stand­or­ten in Norddeutsch­land steigen die jährli­chen Einnah­men der Grund­be­sit­zer auf 90.000 Euro.

Der Anteil der Strom­erzeu­gung aus Windener­gie am primä­ren Energie­ver­brauch in Deutsch­land wird vom Bundes­mi­nis­te­rium für Wirtschaft und Techno­lo­gie mit 1,3 Prozent für das Jahr 2012 angege­ben. Und dafür sollen wir unsere Kultur­land­schaft zerstören?

Selbst wenn es gelänge, diesen Anteil auf 2,6 Prozent zu verdop­peln, dann wäre das immer noch nicht gerecht­fer­tigt. Man muss kein Energie­ex­perte sein, um sofort zu erken­nen, dass der auf die Windener­gie entfal­lende Anteil der CO2-Reduzie­rung spielend durch andere Techno­lo­gien ersetzt werden kann.

Doch nicht einmal die CO2-Bilanz der Windener­gie ist zur Zeit ein Argument. Es mehren sich die Stimmen, die darauf hinwei­sen, dass der Ökostrom­aus­bau heute zu einem erhöh­ten CO2-Ausstoß führt. Ursache dafür ist, dass Gaskraft­werke sich nicht mehr rechnen und daher wieder vermehrt Kohle­kraft­werke einge­setzt werden. Das Förder­sys­tem für erneu­er­bare Energien sorgt so dafür, dass mit jedem neuen Windrad mehr Kohle verfeu­ert und daher zusätz­li­ches CO2 ausge­sto­ßen wird.

Was unter dem Vorwand des Umwelt­schut­zes angerich­tet wird, hat der Schrift­stel­ler Botho Strauss treffend beschrieben:

Eine bruta­lere Zerstö­rung der Landschaft, als sie mit Windkraft­rä­dern zu spicken und zu verrie­geln, hat zuvor keine Phase der Indus­tria­li­sie­rung verur­sacht. Es ist die Auslö­schung aller Dichter-Blicke der deutschen Litera­tur von Hölder­lin bis Bobrow­ski. Eine schonungs­lo­sere Ausbeute der Natur lässt sich kaum denken, sie vernich­tet nicht nur Lebens‑, sondern auch tiefrei­chende Erinne­rungs­räume. Dem geht aller­dings voraus, dass für die kultu­relle Landschaft allge­mein kaum noch ein Empfin­den leben­dig ist. So verbin­det sich das sinnli­che Barba­ren­tum der Energie­öko­lo­gen mit dem des Massentourismus.”

Ein extre­mes Beispiel für das sinnli­che Barba­ren­tum der Geldma­che­rei, die sich als Energie­öko­lo­gie maskiert, findet sich neuer­dings im Saarland. An der deutsch-franzö­si­schen Grenze, im Landkreis Merzig, wurde unter der Leitung des Bildhau­ers Paul Schnei­der eine Skulp­tu­ren­straße errichtet.

Der tiefe Wunsch des Bildhau­ers, eine Stein­skulp­tur frei im natür­li­chen Raum zu gestal­ten, wo jahres­zeit­li­che Verän­de­run­gen, wo Tag- und Nacht­him­mel im Wechsel­spiel der Wolken beitra­gen zu einem so anregen­den und vielsei­ti­gen Thema wie Steine in der Landschaft, hat mich bewegt Bildhau­er­kol­le­gen aus verschie­de­nen Ländern einzu­la­den”.

So begrün­dete der Künst­ler seine Idee. 32 Skulp­tu­ren sind im Laufe der Jahre entstan­den. Künst­ler aus 16 Natio­nen haben die “Steine an der Grenze” geschaf­fen. Die Werke der Bildhauer haben der Landschaft ein anderes Gesicht gegeben. Sie haben sie verän­dert so, wie sie die Schwin­gun­gen dieser Landschaft aufge­nom­men und ihre jetzige Form erhal­ten haben. Diese Landschaft, der Saargau, hat ihren eigenen Reiz.

Der Schrift­stel­ler Alfred Gulden, der wie kein anderer diese Landschaft besun­gen hat, schreibt:

Und nicht zuletzt deshalb ist mir dieses Land auf der Grenze, dieses “Hochland”, das nur noch Weite ist, wenn man darauf steht, zur poeti­schen Formel gewor­den, nimmt es in meinen Kopf diesen Raum ein, hat es in meinem Herzen diesen Platz, gilt ihm ungebro­chen meine Sehnsucht, vielleicht, weil sie dem Kind damals Geheim­nis, “was ist dahin­ter” war, wenn es vom Bunker am Ende des elter­li­chen Gartens über Saarlouis hinweg auf die gegen­über­lie­gende Hügel­kette schaute. Die Frage “was ist dahin­ter”, als Trieb­fe­der, als Unruhe ist mit mir gewach­sen und nur selten lässt sie mich los. Diese selte­nen Augen­bli­cke aber habe ich inmit­ten dieser Landschaft, wenn alle Last von mir abfällt, plötz­lich, und ich mich unbeschwert, leicht, frei fühle, …”

Dass sich der Wande­rer im Schat­ten von 13 Windrä­dern in direk­ter Nähe der Skulp­tu­ren­straße “Steine an der Grenze” auch in Zukunft unbeschwert, leicht und frei fühlen wird, kann ausge­schlos­sen werden.

Hier geht es gar nicht um Natur und ihren Schutz. Hier geht es mögli­cher­weise schlicht um Geld, ”

schrieb der Dirigent Enoch zu Gutten­berg in der Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung.

So ist es. In einer Gesell­schafts­ord­nung, in der die Geldver­meh­rung die Entwick­lung steuert, kommen Poesie und Kultur­land­schaft sprich­wört­lich unter die Räder.

Die Windkraft­bran­che hat, wenn es um die Beein­flus­sung, besser um die Käuflich­keit politi­scher Entschei­dun­gen geht, viel von der Wirtschafts­lobby gelernt. Im harmlo­se­ren Fall werden Zuschüsse an Kinder­gär­ten oder Sport­ver­eine in Aussicht gestellt, um die Geneh­mi­gung eines Landra­tes, Bürger­meis­ters, Gemein­de­ra­tes oder Ortsra­tes zu errei­chen. Bis die Bürger von diesen Vorgän­gen Kennt­nis erhal­ten, ist es oft zu spät, da das Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren schon zu weit fortge­schrit­ten ist. Daher sollten Bürger­ent­scheide in den Gemein­den verbind­lich vorge­schrie­ben werden, in denen Windrä­der errich­tet werden sollen.

Das Gefühl für Poesie und Schön­heit wird wohl nicht mehr ausrei­chen, um diese Bruta­li­tät zu stoppen. Für die kultu­relle Landschaft allge­mein, da hat Botho Strauss wohl Recht, ist kaum noch ein Empfin­den leben­dig. Also versu­chen wir es anders: Es ist ökono­misch und technisch unsin­nig, auf einem Weg weiter­zu­ge­hen, der den CO2-Ausstoß steigert, den Strom­preis erhöht und dessen Ziel bei intel­li­gen­te­rer Technik einfa­cher und billi­ger zu errei­chen ist.


von

Oskar Lafon­taine

Den Volltext finden Sie hier.

Die Hervor­he­bun­gen sind von uns.

 

Diese Stellung­nahme von Oskar Lafon­taine zeigt, dass sich die VERNUNFT nicht von partei­po­li­ti­schen Grenzen aufhal­ten lässt. Denn im Juni 2013 hat sich Rainer Brüderle, damals FDP-Vorsit­zen­der, ganz ähnlich geäußert:

Der Bundes­um­welt­mi­nis­ter warnt die Umwelt­mi­nis­ter der Länder zu Recht davor, dass die Kosten für die Förde­rung der Erneu­er­ba­ren ohne die  Strom­preis­bremse ungebremst weiter steigen. Er macht die Verant­wor­tung der rot-grünen Blockie­rer im Bundes­rat für die kommen­den Preis­stei­ge­run­gen deutlich. Tausende Betriebe in Deutsch­land sind  schon jetzt von dieser Entwick­lung  betroffen.

Die deutschen Energie­preise sind so hoch wie kaum irgendwo auf der Welt. Energie­in­ten­sive Unter­neh­men verla­gern bereits Arbeits­plätze ins Ausland. Energie­kos­ten sind ein entschei­den­der Stand­ort­fak­tor. Wir sägen an den Wurzeln unseres Wohlstands.

Es ist höchste Zeit, die Reißleine zu ziehen. Wir müssen zurück zu den Grund­prin­zi­pien der Sozia­len Markt­wirt­schaft. Wir brauchen besser heute als morgen ein Morato­rium beim Zubau von EEG-Anlagen. Ohne die notwen­di­gen Netze und Speicher­mög­lich­kei­ten dürfen nicht jeden Tag neue Subven­ti­ons­an­la­gen dazu kommen.

Direkt nach der Bundes­tags­wahl wird sich die christ­lich-liberale Koali­tion gemein­sam mit den Ländern an eine grund­le­gende Reform des EEG-Geset­zes machen müssen. Wir brauchen ein markt­wirt­schaft­li­ches Mengen­mo­dell, müssen in die Entwick­lung von Speicher­tech­no­lo­gie und in leistungs­fä­hige Netze inves­tie­ren. Deutsch­land wandelt sich flächen­de­ckend zu einem gigan­ti­schen Indus­trie­ge­biet und gefähr­det gerade damit seine Indus­trie. Das klingt paradox, ist aber Spätfolge einer falschen rot-grünen Subven­ti­ons­po­li­tik. Zwischen Flens­burg und Konstanz stehen heute mehr als 23.000 Windin­dus­trie­an­la­gen. Viele sind höher als der Kölner Dom.

Mehr als 1,3 Millio­nen Solar­an­la­gen sind in Deutsch­land auf Feldern und Dächern instal­liert. Mehr als 7.200 Biogas­an­la­gen sind in den letzten Jahren gebaut worden. Ihre grünen Kuppeln sieht man aller­or­ten. Gefüt­tert werden sie mit extra angebau­tem Mais. Der wächst inzwi­schen auf 2,6 Millio­nen Hektar in Deutsch­land. Zum Vergleich: das entspricht etwa der Größe Hessens.

Das Landschafts­bild ändert sich in einem histo­risch einma­li­gen Ausmaß. Und der Zubau geht kräftig weiter. Die Planun­gen machen auch vor Natur­schutz­ge­bie­ten nicht Halt.

Nun könnte man sagen, das alles sei berech­tigt, weil es uns unabhän­gig macht von fossi­len Energie­trä­gern und der Kernener­gie. Und weil es dem Klima­schutz dient. Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir feststel­len, dass wir mit der bishe­ri­gen Energie­po­li­tik keines der Ziele erreicht haben und so auch nicht errei­chen werden. Wind und Sonne sind keine zuver­läs­si­gen Energielieferanten.

Adäquate Speicher­mög­lich­kei­ten wird es auf abseh­bare Zeit nicht geben. Jedes Windrad braucht zur Absiche­rung konven­tio­nelle Energie­er­zeu­gung aus Kohle‑, Gas- oder Kernkraft­wer­ken. Die Folge: Wir verfeu­ern heute mehr Kohle und impor­tie­ren mehr Kernener­gie aus dem Ausland. Das nutzt dem Klima sicher nicht. Ein Land voller Stahl­ko­losse ohne Stahl­pro­duk­tion. Soweit darf es nicht kommen.

In Abwand­lung des Montes­quieu-Zitats zu überflüs­si­gen Geset­zen möchte man sagen: Wenn es nicht notwen­dig ist, ein Windrad in die Landschaft zu stellen, dann ist es notwen­dig, kein Windrad in die Landschaft zu stellen.


von

Rainer Brüderle

Seiner­zeit dankten wir Herrn Brüderle. Nun danken wir Herrn Lafontaine.

Die Parteien FDP und DIE LINKE verbin­det politisch wenig.

Die Herren Brüderle und Lafon­taine jedoch verbin­det nicht nur eine regio­nale Herkunft und eine offen­bar ausge­prägte Natur­ver­bund­heit. Den Diplom-Volks­wirt und den Diplom-Physi­ker verbin­det augen­schein­lich ebenso eine Affini­tät zu analy­ti­schem Denken.

Unter Volks­wir­ten und Physi­kern ist der Irrsinn der gegen­wär­ti­gen “Energie­wende-Politik” lange bekannt und weitest­ge­hend Konsens. Die Wirtschafts­wei­sen, Herr Profes­sor Sinn, Herr Profes­sor Kobe und viele andere renom­mierte Wissen­schaft­ler (auch aus Nachbar­dis­zi­pli­nen) haben hier wieder­holt Stellung bezogen.

Mit analy­tisch klarem Blick lässt sich der gegen­wär­tig beschrit­tene Weg des “ökolo­gi­schen Umbaus” unschwer als krasse Fehlent­wick­lung erken­nen. Gepaart mit einem Mindest­maß an Sensi­bi­li­tät für Natur, Landschaft und die Lebens­be­din­gun­gen der Menschen, macht es dieser Blick unmög­lich, ruhig sitzenzubleiben.

Wir freuen uns, dass Okar Lafon­taine dem Aufruf des von ihm zitier­ten Enoch zu Gutten­berg beher­zigt und aufsteht.

Als partei­po­li­tisch unabhän­gige, allein dem Wohl von Mensch und Natur verpflich­tete Initia­tive erfüllt es uns mit Hoffnung, dass die energie­po­li­ti­sche Vernunft an beiden Enden des politi­schen Spektrums promi­nente Fürspre­cher gefun­den hat.

Dies sollte uns alle ermutigen. 

Vor allem auch dieje­ni­gen, die sich politisch zwischen diesen beiden Enden des Spektrums veror­ten, sollte es ermuti­gen, sich ebenfalls von einem Irrweg zu verab­schie­den und sich auf  die erwie­se­nen Fakten, den gesun­de­nen Menschen­ver­stand und das Wohl von Mensch und Natur zu besinnen.

Um dies zu beför­dern, haben wir uns persön­lich an die Abgeord­ne­ten der größten Fraktion im deutschen Bundes­tag gewendet.

Die VERNUNFT ist über die politi­sche Verein­nah­mung erhaben.

Aber sie kann und sollte, ja muss!, allen politisch Verant­wort­li­chen ein wichti­ger Partner sein.

Unabhän­gig von der politi­schen Couleur muss die VERNUNFT zum Mainstream und Adam Riese wieder heimisch werden.

Paradiese


Der Neutra­li­tät und sachli­chen Richtig­keit halber möchten wir an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass auch von Vertre­tern der CDU/CSU (insbe­son­dere im Wirtschafts­flü­gel) und der SPD bereits viel Vernünf­ti­ges zu hören war.

Als beson­ders erbau­lich sind uns diese Ausfüh­run­gen von Bundes­in­nen­mi­nis­ter a.D. Otto Schily aufge­fal­len. Bereits 2011 hatte der ehema­lige Kultur­staats­mi­nis­ter Michael Naumann die ökolo­gi­sche Legiti­ma­tion der “Energie­wende-Politik” hinterfragt.

Sobald das Wohl von Mensch und Natur auch einem promi­nen­ten Vertre­ter der GRÜNEN wieder in den Sinn kommt, werden wir auch darüber berich­ten. Derzeit begreift sich diese Partei leider als Hort der Subven­ti­ons­rit­ter­schaft,  schwört der Nachhal­tig­keit ab und propa­giert u.a. das Plündern unseres Weltkul­tur­er­bes. Dass sich die Vernunft auch von dieser Partei­grenze nicht ewig aufhäl­ten lässt, zeigen aller­dings erste Auflö­sungs­er­schei­nun­gen. Entwe­der, die Vernunft zieht ein – oder die Vernünf­ti­gen ziehen aus. 

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