Vorwärts in die Vergangenheit?

Am 1. Oktober 2022 ist in der Online-Ausgabe des FOCUS eine Analyse von Jan Fleisch­auer zu lesen, in der sich der Kolum­nist mit den Zustän­den im Endsta­dium der “grünen” Energie­wende beschäftigt.

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Fleisch­hauer rezen­siert darin das Buch der taz-Wirtschafts­re­dak­teu­rin Ulrike Herrmann, die affir­ma­tiv aufzeigt, wo der vor zehn Jahren einge­schla­gene und nun stark beschleu­nigt fortge­setzte Weg enden wird: In einem deutlich ärmeren, deutlich gefähr­li­che­ren Land.

Die 1970er Jahre brach­ten gewiss sehr viel Gutes hervor – der 1. FC Köln gewann DFB-Pokal (2x) und deutsche Meister­schaft, die Natio­nal­mann­schaft gar die Weltmeis­ter­schaft im Fußball. Und Rudi Carell besang den früher mal “richtig” gewese­nen Sommer. Dennoch halten wir es für falsch und gefähr­lich, die Dekade als “Referenz­jahr­zehnt” zu definie­ren, wie es Frau Herrmann expli­zit tut und es die Handlun­gen der gegen­wär­ti­gen Bundes­re­gie­rung impli­zie­ren. Zumal die Siebzi­ger eher wohl eine Zwischen­etappe und nicht das Ende der Zeitreise rückwärts markie­ren würden. Unser Weg ist das jeden­falls nicht. 

Wenn wir schon dabei sind, unsere Seite mit Lesens­wer­tem aus fremden Federn zu schmü­cken, sei hier auch der Hinweis auf das neu erschie­nene Buch des kabaret­tis­tisch aktiven Physi­kers Vince Ebert angebracht. Dessen Empfeh­lung, beim Weltver­bes­sern neu zu denken, möchten wir nachdrück­lich unterstützen:

 

Die Neue Zürcher Zeitung widmete Buch und Autor einen beach­tens­wer­ten Artikel, das Magazin Cicero einen hörens­wer­ten Podcast. In seinen energie­po­li­ti­schen Einlas­sun­gen bewegt sich der Physi­ker inhalt­lich sehr nahe an unserem Kompen­dium – ist dabei stilis­tisch aller­dings humorvoller.

Wenig humor­voll, sondern dem Ernst der von ihm fokus­sier­ten akuten Krisen­lage angepasst, formu­liert Herr Morten Freidel in der Frank­fur­ter Allge­mei­nen Sonntags­zei­tung am 2. Oktober 2022 Sätze und Forde­run­gen, die uns ebenfalls priori­tär erscheinen: 

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Warum sich Herr Habeck irrt, wie Vince Ebert sagt, warum sein auf Windkraft- und Solar­aus­bau fixier­ter Ansatz kaum zur Lösung der Energie­pro­bleme beiträgt und eine grund­le­gende Neujus­tie­rung unaus­weich­lich ist, wie Morten Freidel schreibt, lässt sich anhand der aktuel­len Einspeise- und Verbrauchs­da­ten gut erkennen.

Die Abbil­dung zeigt die hypothe­ti­sche Situa­tion im Septem­ber 2022, wenn die Ziele des Minis­ters bereits verwirk­licht gewesen wären: Die Einspei­se­leis­tung bei einer auf insge­samt 400 GW erhöh­ten Kapazi­tät von Windkraft (onshore und offshore) sowie Photovoltaik. 

 

Wäre der “entfes­selte Ausbau” dieser Techno­lo­gien bereits vollzo­gen, wären bei der selben Wetter­lage die türki­sen (Wind auf See), blauen (Wind an Land) und gelben (Photo­vol­taik) Einspei­se­leis­tun­gen zu verbu­chen gewesen. Der tatsäch­li­che Strom­be­darf (braune Linie) wäre an vielen Tagen (bspw. am 11., 12.,  21., 22., 23., 24., 25., 29. und 30.) und noch mehr Nächten so gut wie gar nicht durch diese Anlagen gedeckt worden – wir wären dann weiter­hin vollstän­dig auf die verschmäh­ten Liefe­ran­ten Kernener­gie und Kohle (aus dem In- oder Ausland) oder (Gott bewahre!) russi­sches, arabi­sches oder ameri­ka­ni­sches (Frack­ing-) Gas angewie­sen gewesen.

An vielen anderen Tagen hätten die vielen Anlagen weit über den Bedarf hinaus produ­ziert – Abschal­tun­gen, negative Strom­preise oder beides wären die Konse­quen­zen gewesen.

Denn, anders als eine leider immer noch der Abschal­tung harrende “Exper­tin” peinlich-dreis­ter­weise behaup­tet, haben wir noch und nöcher keine Speicher­mög­lich­kei­ten in annähernd ausrei­chen­dem und ökono­misch darstell­ba­ren Umfang. Nicht einmal in der Theorie.

WISO politisch Verant­wort­li­che einer Dauer­da­ne­ben­lie­ge­rin noch (nöcher?) Gehör schen­ken, ist uns unver­ständ­lich. Auch in der Politik­be­ra­tung wäre eine Kehrt­wende dringend vonnö­ten. Vorwärts in die Ehrlichkeit. 

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