- Enoch zu Guttenberg -
In Deutschland scheint vielen Erwachsenen diese ebenso triviale wie fundamentale Einsicht abhanden gekommen zu sein. Insbesondere einige Organisationen, die sich selbst als Anwälte der Natur bezeichnen, werden ihrem Mandat nicht gerecht – einige sind gar regelrechte Peiniger ihrer Mandatin geworden, betätigen sich höchstselbst auf dem Geschäftsfeld der Naturverstromung und setzen sich für den Ausbau irrationaler Sakralbauten selbst in Wäldern und Schutzgebieten ein.
Was auf der Ebene höherer Funktionäre unseres Erachtens Profitinteressen und Ideologie geschuldet und insofern verurteilenswert ist, setzt sich auf unteren Ebenen dieser Organisationen im Denken und Handeln teilweise fort.
Wackeren und klarsichtigen Kämpfern für die Natur ist intuitiv klar, dass Wälder keiner Windräder brauchen und dass Reinhold Messner uneingeschränkt Recht hat, wenn er sagt:
“Alternative Energieerzeugung ist sinnlos, wenn sie das zerstört, was man durch sie schützen will: die Natur.”
Das Aufbegehren gegen einen irrsinnigen Zeitgeist seitens einiger Tapferer ist ehrenwert. Leider sehen sich diese in den großen Organisationen (noch) in der Minderheit. Wenn es um den Ausbau von vermeintlich ökologischen Stromerzeugungsanlagen geht, werden auch Wohlmeinende mitunter zu Lobbyisten der “Öko”-Industrie. Nicht immer ist hier böser Wille, vielfach Desinformation und Orientierungslosigkeit ursächlich.
Exemplarisch für diese im ganzen Land grassierende Orientierungslosigkeit – dass viele nicht wissen, was sie tun, unterstellen wir wohlwollend – ist die Mail eines BUND-Funktionärs aus Rheinland-Pfalz. Dieser suchte den offenen Austausch – was ihm positiv anzurechnen und hiermit umzusetzen ist:
| Von: NAME Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren, ich komme gerade von einer längeren Reise zurück. Nach wenig Schlaf muss ich nun lesen, was da von Mitmenschen kommt, die meinen, sie hätten zum Schutz der Natur den Stein der Weisen gefunden. Als Sprachler befremden mich schon Sprachgebrauch und Argumentationsstil, aus dem einem so etwas wie Alleinvertretungsanspruch für die richtige Meinung entgegenweht. Ganz zu schweigen von der nur mühsam unterdrückten, aber überall durchscheinenden Aggressivität. Dazu kommt eine schwer erträgliche Fixiertheit auf ein einziges Thema: Die Windkraft muss weg! Basta! Von Abwägung ist wenig oder nichts zu spüren. Dialogbereitschaft scheint nur vorgeschützt. (Als ich in den BUND eintrat, warnte man mich vor den “Ein-Punkt”-Organisationen, die dem Umweltschutz nicht guttun). So kommen wir nicht weiter. Wer nur ein wenig politisches Gespür hat, merkt, dass die meinungsbildende Kraft des Antiwindkraft-Fundamentalismus bereits voll durchgeschlagen hat auf das miserable Ergebnis der nun beendeten Koalitionsverhandlungen. Wir dürfen also weiter damit rechnen, dass weitere Dörfer für riesige, Naturlandschaften verschlingende Braunkohlelöcher in Deutschland abgeräumt werden dürfen (Wenn ich es richtig gespeichert habe, sind in Deutschland seit 1945 ca. 100.000 Menschen für die Braunkohle umgesiedelt worden und ca. 300 Dörfer d. h. 300 Heimaten verschwunden), dass weiter riesige Areale von Regenwald zur Gewinung von Kohle in Deutschland vernichtet werden. Hauptsache: Bei uns, im eigenen Vorgärtchen wird kein Hälmchen gekrümmt und bleibt alles beim Alten. Böse Zungen würden eine solche Haltung “Ökospießertum” nennen. Da ich nicht böse sein möchte, sage ich einfach, mir fehlen die Worte. Aber vielleicht spricht es sich doch bald einmal herum, dass Lebenskunst darin besteht, Kompromisse zu finden und kompromissfähig zu bleiben. Es gibt schon Wege, der Natur zu helfen. Und wer im Vorgärtchen hat sich eigentlich schon einmal darüber Gedanken gemacht, was der Klimawandel mit unserer schönen Natur in nicht allzu ferner Zukunft anrichten wird, ob überhaupt einige Bäume vom Pfälzerwald und anderen Wäldern übrig bleiben werden, wenn das Zwei-Grad-Ziel, das immer fragwürdiger wird, nicht mehr eingehalten werden kann, weil allenthalben selbsternannte Wutbürger gegen die Energiewende, egal wo sie sie antreffen, mobil machen. Die kapitalmächtigen großen Vier wie Vattenfall, RWE, EnBW und Eon freuen sich diebisch, wenn sich antikapitalistisch dünkende Zornickel gegen die “Dollarzeichen” in den Augen kleiner Windmüller in Rage reden. Ich habe eine kleine Formel, die da lautet: Energiewende = Klimaschutz = Naturschutz. Wer ernsthaft bereit ist, über seinen Tellerrand hinauszudenken, der sollte sich mal in einer stillen Stunde ohne großen Ausstoß von Adrenalin über diese weltweit anwendbare Formel ein paar Gedanken machen. Vielleicht kommen die armen zerstrittenen Würstchen vom Umwelt- und Naturschutz dann doch noch zusammen, um, statt sich zu streiten, den wirklich großen Mächten und Gefährdungen dieser Welt die Stirn zu bieten. Dieses Werk bedürfte des Schweißes der Edelsten. Und auch das Christkind, das schon wieder vor der Tür steht, würde – kämen wir hiermit voran – versonnen in sich hinein lächeln nach dem Motte: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Allen Menschen, die guten Willens sind, darf diese E‑Mail weitergereicht werden. In diesem Sinne die besten Grüße Euer NAME |
|
Evelyn Hoffmann aus Brandenburg bietet dazu diese Gedanken im Austausch an:
——– Original-Nachricht ——–
Sehr geehrter Herr NAME, ich erlaube mir, Ihnen zu schreiben, da ich mich zu den Menschen zähle, die “guten Willens” sind. Leider teile ich Ihre Auffassung nur in einem Punkt: unsere Umwelt zu schützen. Ihre Formel Energiewende = Naturschutz halte ich für falsch, wenn Sie mit “Energiewende” die derzeit von der Bundesrepublik betriebenen Anstrengungen meinen. Ich wohne am Rande der Nauener Platte in Brandenburg. Während es hier früher eine Vielzahl an Rotmilanen gab, sieht man unser Brandenburger Wappentier (roter Adler) nur noch vereinzelt am Himmel kreisen. Prof. Dr. Freude hatte sich die Mühe gemacht, gemeinsam mit seinen Studenten sechs Wochen lang nach Rotmilan-Schlagopfern zu suchen. Gefunden wurden 64 Rotmilane – gefunden! Die tatsächliche Zahl ist unklar. Die Auswirkungen auf die Population erspare ich mir an dieser Stelle. Brandenburg setzt seit einigen Jahren Gift gegen den Eichenprozessionsspinner ein, der sich rasant vermehrt hat und nunmehr ganze Wälder kahlfressen würde. Eine Formel könnte also auch lauten: mehr Windkraftanlagen = weniger Vögel + Fledermäuse = Eingriff in das biologische Gleichgewicht = mehr Eichenprozessinsspinner = weniger Wald = mehr Gift! Auch “unten” herum zeigen sich Auswirkungen der WKAs. Allein die tonnenschweren Fundamente lassen das Grundwasser absinken – mit Auswirkungen auf die natürliche Pflanzenwelt aber auch Landwirtschaft. Entsetzt hat mich aber vor allem Ihre Unkenntnis (oder doch eher Nihilismus?) über den Zusammenhang von Windkraft (+ Solar) und Braunkohletagebau. Wie mittlerweile auch von offizieller Seite bestätigt, kurbelt die Wind- und Solarenergie die Braunkohleverstromung doch erst an! Jedes neue WKA bedeutet mehr Braunkohle, also: mehr WKAs = mehr (Braun)Kohleverstromung = mehr Tagebau = mehr CO2. Die deutsche Energiewende krankt an allen Ecken und Kanten – nicht nur die Windkraft. Ich finde es begrüßenswert, neue Technologien auszuprobieren und die Forschung voranzubringen. Doch wenn ich erkenne, dass eine Technologie mehr Schaden als Nutzen bringt, so muss deren Einsatz beendet werden. Für die deutsche Energiewende werden deutsche Wälder abgeholzt, der Braunkohletagebau vorangetrieben, Moore trockengelegt um Energiepflanzen anzubauen, Brachflächen landwirtschaftlich genutzt. Auch weltweit richtet die deutsche Energiewende großen Schaden an: In Südamerika und Südostasien werden Regenwälder geopfert, um daraus Äcker für (genmanipulierten) Mais und Ölpalmen (f. Benzin/Diesel) zu machen. Der Natur wird immer weniger Raum gelassen. Dabei wird z.B. für den Anbau, TRANSPORT und Verarbeitung der Energiepflanzen zu Biomasse bzw Biosprit mehr Energie verbraucht als erzeugt wird. Dies betrifft schon allein die Produktion in Deutschland. Doch wie sieht es erst aus, wenn die Energiepflanzen über den halben Globus transportiert werden müssen? Dies habe ich mir nicht ausgedacht. Der EU ist das bekannt, will sich aber aus Gründen, die sich jeder denken kann, erst später damit befassen. Zumindest für Indonesien soll die Abholzung des Regenwaldes in zwei Jahren verboten werden (leider führt dies jetzt zu einem grausamen Boom, soviel wie nur möglich in dieser Zeitspanne zu vernichten). Gerade das Roden von Wald führt zu klimatischen Veränderungen! Auch gibt es bei WKAs kein “weg” von den Risiken der Atomkraft. Haben Sie mit den Mongolen gesprochen, die radioaktiv belastete Luft atmen und radioaktiv belastetes Wasser trinken? Ob dort die Formel gilt: deutsche Energiewende = Umweltschutz? Auf der Energietour des brandenburgischen Wirtschaftsminister Christoffers habe ich diesen gefragt, wie denn der Atomstromimport mit der Energiewende im Einklang steht. Ich verwies auf das im Bau befindlich Kernkraftwerk in Kaliningrad, welches ausschließlich für den Export gebaut wird, bzw. der mit deutschen Steuergeldern vorangetriebene Ausbau des tschechischenKernkraftwerks Temelin. Auch in Polen an der deutschen Grenze sollen zwei Kernkraftwerke entstehen. Die Bundesrepublik begründet den zukünftigen Import mit der “Sicherung der deutschen Energiewende”. Seine Antwort war: Man dürfe nicht den Import von Atomstrom aus Frankreich vergessen! Auch das Thema Infraschall wird gerne als Psychomacke abgetan. Infraschall hat die gleiche Frequenz wie z.B. unser Gehirn. Wie kann es da KEINE Auswirkungen haben? In aller Regel folgt, Infraschall könne man nicht hören. Also wäre er harmlos. Da frage ich mich, warum wir uns von der Atomkraft verrückt machen lassen. Radioaktivität kann man weder hören, noch sehen, schmecken oder fühlen. Dann ist doch alles bestens! Das Robert-Koch-Institut und viele Verbände fordern seit vielen Jahren die Erforschung des Infraschalls. Alle vorliegenden Studien werden als Einzelfälle abgetan oder in die Schublade “psycho” gesteckt. Das einzige offiziell anerkannte Gutachten ist mittlerweile 30 Jahre alt und wurde für 10 min. an einem einzigen 70m hohen Windkraftanlage durchgeführt. Es wurde getestet, ob es AKUTE Auswirkungen auf den menschlichen Organismus gäbe. Da keiner in den 10 min. einen Herzinfarkt erlitt oder sofort an Krebs erkrankte, wurde die Bescheinigung “unbedenklich” erteilt. Dieses “Gutachten” wird immer noch heran gezogen, obwohl sich schon allein die Bauart und Anzahl der WKAs geändert hat. Und welche Folgen hat der Infraschall auf die Tierwelt? Deutschland hat sich festgefahren. Die millardenschweren Subventionen verhindern Fortschritt, da das Geld garantiert für mindestens 20 Jahre auch ohne fließt. Im Solarsektor waren die Auswirkungen schon zu spüren. Wieso wird auch Energieverschwendung belohnt? Es gibt keine wirklichen Konzepte zur Energieeinsparung. Nur halbherzige Anstrengungen, öffentliche Beleuchtungen mit LED zu ersetzen oder Staubsauger mit mehr als 1800 Watt zu verbieten. Was soll das? Die Energiewende unterstützt das perfide Konzept, das zu fördern, was Schwachsinn ist: Förderung von Solar in sonnenarmen Regionen oder Windkraft dort, wo kein Wind weht. Sehr intelligent! Umweltschutz muss als Ganzes betrachtet werden. Dazu gehört m.E. auch der generelle Einsatz von Primärenergie und sinnvoller Einsatz der Ressourcen. Ein Beispiel ist die immer größer werdende Menge an Verpackungen. Auf diese zu verzichten wäre nicht nur mehr Lebensqualität, sondern schont wirklich die Umwelt, weil Energie für den Abbau der Rohstoffe, Produktion, Transport und Entsorgung gespart werden kann. Doch zurück zur Windkraft: Deutschland benötigt nicht ein einziges WKA mehr. Weht der Wind, haben wir teilweise mehr als wir benötigen, weht keiner, helfen auch keine 1000 zusätzlichen Windräder. Zudem sind alle windhöfigen Flächen bereits mit WKAs verbaut. Es heißt 200 – 400 WKAs ersetzen ein KKW. Deutschland hat über 22.000 WKAs, also könnten 55 – 110 KKWs abgeschaltet werden. Wieso ist dies noch nicht geschehen? Es stellt sich also nicht die Frage: entweder ein WKA oder ein KKW im Vorgarten. Wir haben beides! Mein Fazit lautet daher: Windkraftanlagen = radioaktive Belastung der Mongolei = Massentötung von Vögeln und Fledermäusen mit zu ahnenden Auswirkungen = Absenken des Grundwasser mit Folgen = Verlagerung der Atomkraft ins Ausland = Vernichtung von CO2-Speichern und O2-Lieferanten (Waldrodung) = Förderung des Braunkohletagebaus bzw. Kohleverstromung = mehr CO2 = Belastung durch Infraschall = Zerstörung gewachsener Kulturlandschaften = Veränderung des Mikroklimas = Sondermüll = UMWELTZERSTÖRUNG = KLIMASCHÄDLICH Und dies für eine unzuverlässige Energiequelle. Ich bin sehr interessiert an alternativen Energiequellen und bedaure es, dass viel persönliche Energie dabei verschwendet wird, eine weitere Zerstörung der Natur zu verhindern, statt gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Ich würde mich freuen, wenn Sie einen Moment innehalten und sich wirklich ehrlich fragen, ob der aktuelle Weg der (einzig) richtige ist. Mit freundlichen Grüßen, Evelyn Hoffmann |
Dieser Gedankenaustausch spiegelt sehr gut den Diskurs, der in diesen “Energiewende”-Zeiten leider an Hunderten Orten dieses Landes geführt wird.
Leider haben sich zu viele nominelle Naturschützer in kognitiven Sackgassen verrannt und sich dabei von ihrer Kernkompetenz – Natur schützen! – entfernt. Damit sind sie zu faktischen Naturzerstörern geworden.
Dieser pfälzisch-brandenburgische Austausch erinnert uns an die Naturschutzgruppe im Taubertal, mit der wir im Mai 2013 einen freundlichen Kontakt hatten. Vielleicht können auch diese Argumente einigen Naturschützern die Besinnung erleichtern.
Naturschutzaktivisten und ‑funktionären, denen die eindeutige Losung eines ABC-Schützen (s.o.) nicht differenziert genug erscheint, mag vielleicht die Einschätzung eines weiteres Urgesteins der deutschen Naturschutzbewegung als Orientierungshilfe dienen: Hubert Weinzierl engagiert sich seit fünf Jahrzehnten in der Ökologiebewegung und gilt als die Integrationsfigur „von klassischem Naturschutz und moderner Umweltpolitik“ in Deutschland. Zu den Vorgängen um den Windkraftausbau in Deutschland fand er diese Worte:
von Hubert Weinzierl, im Juli 2013
Wir danken unserem Unterstützer Enoch zu Guttenberg für den Hinweis auf diese klare Botschaft. Möge sie echten Naturschützern helfen, in schwierigen Fahrwassern den richtigen Kurs zu halten:
Naturschutz, volle Kraft voraus!